Ein Klassiker, bei dem immer noch Handarbeit gefragt ist: die Schwarzwälder Kirschtorte Foto: Conditorei Coppenrath & Wiese
21.01.2025

300.000 Torten pro Tag

Marken aus Westfalen: Die Conditorei Coppenrath & Wiese produziert in Mettingen in großem Stil.

Zwei Vettern hatten Anfang der 1970er Jahre eine geniale Idee: Kaufmann Aloys Coppenrath und Conditor Josef Wiese wollten Torten und Kuchen direkt nach der Herstellung schockfrosten, um sie haltbar zu machen und in ganz Deutschland in Lebensmittelmärkten verkaufen zu können. 1975 starteten sie mit 35 Mitarbeitern in einer umgebauten Molkerei in Westerkappeln. Ihr erstes Produkt: die „Wiener Platte“ mit sechs Sahneteilchen. Heute ist das Unternehmen Conditorei Coppenrath & Wiese Deutschlands größter Hersteller tiefgekühlter Backwaren. Zwei von drei Tiefkühlbackwaren, die in Deutschland gekauft werden, kommen aus Westfalen: Allein am Produktionsstandort Mettingen sind 2700 Mitarbeiter beschäftigt, rund 330 am Verwaltungs- und Logistikstandort im Osnabrücker Ortsteil Atter.

Backen (fast) wie zu Hause

2020 lag der Umsatz bei 443 Millionen Euro – ein Wachstum von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. 20 Prozent des Umsatzes wurden mit dem Export erzielt. Und das Unternehmen will noch weiter wachsen: 25 Prozent im Zeitraum von 2018 bis 2023. „Ungeachtet der aktuell herausfordernden Rahmenbedingungen halten wir an dem 2018 formulierten Ziel fest, sagt Peter Schmidt, Geschäftsführer der Conditorei Coppenrath & Wiese. „Unser Standort in Mettingen ist sicherlich eine der modernsten Backstuben Europas, sagt Schmidt. „Indem alle Produktionsprozesse unter EDV-gestützter Überwachung stattfinden, können wir beispielsweise garantieren, dass unsere Produkte in stets gleichbleibend hoher Qualität hergestellt werden.“ Dabei unterscheide sich der Prozess gar nicht so sehr vom Backen zu Hause: „Es wird gerührt, gemischt und geknetet: Nur in einer anderen Größenordnung.“ Und die ist gigantisch: Bis zu 4,2 Millionen Brötchen können täglich produziert werden, 300.000 Sahnetorten jeden Tag gebacken und tiefgefroren, 100.000 Liter Sahne werden verarbeitet, bis zu 80 Tonnen Äpfel. Gefertigt wird auf Backstraßen, die bis zu 150 Meter lang sind.

Schockgefrostete Torten

Vieles wird dabei tatsächlich noch von Hand gefertigt: „Bislang erreicht keine Maschine das Geschick unserer Fachkräfte, wenn sie beispielsweise die berühmte Festtagstorte Schwarzwälder Kirsch backen, erläutert Schmidt. „Die Sahne wird dabei von Hand aufgestrichen und die Kirschen werden einzeln aufgelegt.“ Am Ende stehe dann das Schockfrosten: Im Spiralfroster werden die Produkte auf bis zu minus 34 Grad abgekühlt. „Selbst eine große Sahnetorte kann so in nur 3,5 Stunden auf eine Kerntemperatur von minus 18 Grad heruntergekühlt werden.“ Wer das zu Hause machen wollte, bräuchte dafür etwa 16 Stunden. „Beim Schockfrosten dagegen wird die äußere Schicht der Kuchen und Torten innerhalb von Sekunden feuchtigkeits- und aromadicht versiegelt. Geschmacksstoffe, Vitamine und Mineralien bleiben voll erhalten. Gebacken wird nach Rezepturen, an denen ein 20-köpfiges Produktentwickler-Team so lange tüftelt, bis alles perfekt ist. Der Geschmack der Kunden hat sich seit den 70er Jahren dabei nur wenig verändert. Früher seien vor allem die Klassiker mit viel Sahne und zum Teil Alkohol gefragt gewesen, heute gibt es unter den mehr als 90 Artikeln auch internationale Rezepte wie Cheesecakes, Hot Chocolate Brownie und Erdbeer-Pannacotta-Torte. Neu ist der „Spontane Genuss“ aus dem Kühlregal: Kuchen und Torten werden tiefgefroren an den Supermarkt geliefert und dort aufgetaut. Im Kühlregal sind sie dann noch weitere sechs Tage haltbar.

Sabine Müller

Ein Artikel aus dem WESTFALENSPIEGEL 06/2021.

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