04.08.2022

Abgasskandal bleibt Dauerthema der Justiz

17.600 neue Verfahren haben die Senate des Oberlandesgerichtes Hamm 2021 bearbeitet. Der Abgasskandal in der Automobilindustrie beschäftigte die Justiz nach wie vor, die Corona-Pandemie war dagegen nur in wenigen Verfahren das Thema.

6182 Berufungen und 1819 Beschwerden gingen allein bei den 46 Zivilsenaten des OLG Hamm im vergangenen Jahr ein. Nachdem der Abgasskandal in der Automobilindustrie 2019 einen Höchststand an Berufungsverfahren (3950) zur Folge hatte, bewegte sich die Zahl im vergangenen Jahr mit 2326 in etwa auf Vorjahresniveau. Das ist jedoch immer noch ein Vielfaches der Werte aus den Jahren 2017 und 2018. Rechtsstreitigkeiten rund um den Abgasskandal machen immer noch einen großen Teil der Verfahren aus. Die Kläger ziehen dabei immer seltener die Klage zurück, sondern fordern eine gerichtliche Entscheidung ein, berichtet OLG-Sprecher Bernhard Kuchler. Dies führe zu einem deutlich höheren Aufwand der Senate und einer insgesamt gestiegenen Verfahrensdauer am OLG.

Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung beschäftigen das OLG Hamm mittlerweile ebenfalls; wenn auch nur in vergleichsweise wenigen Verfahren. Erst kürzlich bestätigte das Oberlandesgericht ein Urteil des Amtsgerichtes Ahaus. Dort hatten die Richter einen 17-Jährigen zur Zahlung eines Bußgeldes von 250 Euro verurteilt. Er hatte Anfang 2021 mit sechs Freunden gefeiert – ohne Abstand und Maske. Die OLG-Richter mussten klären, ob die Gruppe gegen das „Partyverbot“ verstoßen hat. Zumal die Beteiligten behaupteten, es habe sich gar nicht um eine Feier gehandelt. Das Gericht war anderer Meinung und bestätigte das Urteil der ersten Instanz.

Die neue Präsidentin am OLG Hamm: Gudrun Schäpers. Foto: Justiz NRW

Die neue Präsidentin am OLG Hamm: Gudrun Schäpers. Foto: Justiz NRW

Mit Gudrun Schäpers übernahm im Juli vergangenen Jahres erstmals eine Frau die Führung des größten deutschen Oberlandesgerichtes. Der Gerichtsbezirk entspricht im wesentlichen der Region Westfalen, bezieht jedoch auch den Bereich des Landegerichts Essen mit ein. Eines von Schäpers’ wichtigen Vorhaben ist die Gewinnung von Nachwuchs für die Justiz. Die Entwicklung in diesem Bereich sei positiv, hieß es bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Galt das OLG Hamm mit seinem weitläufigen Bezirk vor einigen Jahren als eher unbeliebt bei Jura-Absolventen, sei das Interesse von Juristen mit Prädikatsexamen spürbar gestiegen. 79 Prozent der neu eingestellten Richter erreichten im zweiten Staatsexamen mindestens ein „voll befriedigend“. Eine Einstellungsoffensive und eine stärkere Berücksichtigung von Wunschbezirken für den Einsatzort der Proberichter hätten dazu beigetragen, dass sich verstärkt Absolventen mit Top-Noten bewerben, berichtet OLG-Sprecher Kuchler.

aki, wsp

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