Die Erler Femeiche. Foto: DDG/Roloff
27.10.2021

„Adelsstand“ für Erler Femeiche

Die Erler Femeiche wird erster Nationalerbe-Baum von Nordrhein-Westfalen. Die Eiche ist fast 1000 Jahre alt und möglicherweise der älteste Baum Deutschlands.

„Für mich als Baumbiologen ist diese Eiche einer der wertvollsten Bäume unseres Landes, da er so viel von seiner fast 1000-jährigen Geschichte preisgibt wie kaum ein anderer“, erklärt Prof. Andreas Roloff, Leiter des Kuratoriums Nationalerbe-Bäume der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft. Mit der Auszeichnung will das Kuratorium eine stärkere Beachtung und Förderung für Uraltbäume schaffen.

Die Erler Femeiche ist bundesweit erst der zwölfte Baum, der das Prädikat Nationalerbe-Baum erhält. Um den Baumveteranen aus dem Münsterland ranken sich zahlreiche Geschichten und Legenden. „Es ist ein kulturelles Denkmal sondergleichen“, so Roloff. Zugleich beeindruckt der Methusalem unter den Bäumen mit einer skulpturartigen Erscheinungsform. Mit 12,45 m Stammumfang – um die lebenden Stammteile herum gemessen – ist sie wohl auch die dickste Eiche Deutschlands, und mit Urkunden belegt der älteste und bekannteste Gerichtsbaum Mitteleuropas (seit 1363), erklärt der Experte weiter. Denn im Mittelalter wurden unter ihren Ästen sogenannte Femgerichte abgehalten.

Guter Pflegezustand überrascht

Einst hatte die Eiche im Raesfelder Gemeindeteil Erle im Kreis Borken einen fast drei Meter breiten Hohlraum im Stamminneren, worin sich mehrere Menschen verstecken konnten. Heute ragen mehrere Stammteile aus der Erde empor, die aber immer noch zusammenhängen. Baumexperte Roloff erklärt, dass die Erler Femeiche seit mindestens 250 Jahren ihre Krone „zurückgezogen“ habe. Äste starben oder brachen ab. Dadurch hat der Baum seine Höhe und Größe zurückgebaut, er misst heute etwa elf Meter in der Höhe. Dadurch wurden die Transportwege für das Wasser von den Wurzeln in die Zweige und für den Zucker von den Blättern zu den Wurzeln verkürzt.

Neben der besonderen Erscheinungsform und dem hohen Alter war der Baumfachmann bei seinem ersten Besuch an der Femeiche vor allem vom guten Pflegezustand überrascht. Das zeige, dass seit längerem sehr verantwortungsvoll mit ihm umgegangen werde. „Die ,Erhebung in den Adelsstand’ jetzt ist sozusagen auch dafür eine Anerkennung und Ehrung des Engagements vor Ort“, sagt Roloff.

Insgesamt sollen 100 ausgewählte potenzielle zukünftige Uralt-Bäume mit die Auszeichnung Nationalerbe-Baum erhalten. Diese Uraltbäume seien auch aus wissenschaftlicher Sicht hochinteressant, etwa in ihrer Baumbiologie, Genetik und Pathologie, als Lebensraum und Archetypen der jeweiligen Baumart mit Anpassungen im langen Lebenszeitraum, heißt es auf der Website der Initiative.

jüb/wsp

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