Adventskalender – Tür 12
Heute blicken wir gemeinsam mit dem Deutschen Kochbuchmuseum auf Bräuche und Traditionen in der Vorweihnachtszeit – es geht um den Adventstisch.
Der „Adventstisch“ ist heute aus der Mode gekommen. „Dabei war er im 19. Jahrhundert ein ,Must have’ in bürgerlichen Haushalten“, erklärt Corinna Schirmer vom Deutschen Kochbuchmuseum im Gespräch mit der Stadt Dortmund. Den Adventstisch gab es in mehreren Variationen, so die Fachfrau weiter. Mal handelte es sich um einen weihnachtlich dekorierten Tisch mit repräsentativem Charakter, mal war er tatsächlich als festliche Mittagstafel geschmückt.
Und was gehörte auf diesen bürgerlichen Weihnachtstisch?
Darauf gehören erst einmal ein weißes Tischtuch, darauf meist kleine rote Kerzen sowie Tannenzweige oder anderes weihnachtliches Grün, zum Beispiel Mistelzweige. Noch festlicher wurde der Tisch mit Gold- oder Silberfäden quasi als Vorläufer des Lamettas – meist eine Anschaffung eigens für diesen Zweck und damit ein Stück Luxus. Üppig und liebevoll dekoriert wurde der Tisch dann mit Naschzeug: Äpfel, Nüsse, Gebäck und Weihnachtskuchen, zum Beispiel Christstollen. Im Prinzip war der ganze Tisch eine Art „bunter Teller“, der sich vielleicht aus dieser Tradition heraus entwickelte.
Was ist mit dem Adventskranz – gehörte der nicht auch dazu?
Der Adventskranz wurde 1839 erfunden, er gehört auch dazu – allerdings stand er oft nicht auf dem Tisch, sondern hing darüber, und er sah zunächst auch ein wenig anders aus als heute. Erfinder war der berühmte Hamburger Theologe Johann Hinrich Wichern, der Vater der modernen Diakonie. Sein Adventskranz war ein hölzernes Wagenrad mit vier großen weißen und vielen kleineren roten Kerzen – erst insgesamt 24, quasi der Vorläufer unseres heutigen Adventskalenders. Später dann durchaus auch so viele, wie es Tage vom ersten Advent bis zum Heiligen Abend waren. Wicherns Ziel war es, Kindern die Zeit bis Weihnachten zu veranschaulichen und verkürzen – mittlerweile wird diese Wartezeit ja noch zusätzlich durch Schokolade oder materielle Adventskalender versüßt. Der „Wichernkranz“, wie er auch hieß, setzte sich nach und nach durch und entwickelte sich weiter, er wurde mit Tannengrün geschmückt und später auch in katholischen Gebieten übernommen. Noch lange Zeit, bis ins 20. Jahrhundert hinein, hielt sich die Tradition, dass zu den vier großen Kerzen, die an den Adventssonntagen angezündet werden, noch kleinere dazugestellt wurden.
Gibt es eine tiefere Bedeutung oder Symbolik hinter diesen Bräuchen?
Prinzipiell sind Bräuche und Rituale identitätsstiftend. Sie konstituieren Gemeinschaft und bieten Halt in einer immer komplexer werdenden Welt. Hinzu kommen natürlich bestimmte Symboliken: Die Kerzen können für das Licht stehen – mit jedem Adventssonntag wird es ein wenig heller, bis Jesus als „Licht der Welt“ geboren wird. Manche Forscher*innen halten die Kreisform des Adventskranzes für ein Symbol des ewigen Lebens, und die ewiggrüne Tanne trägt die Farbe der Hoffnung.
Und dibt es die Tradition des Adventstischs heute noch?
Heute wird eher die ganze Wohnung weihnachtlich dekoriert, und auf dem Tisch steht nur mehr der Adventskranz – so halte ich persönlich es auch. Die Tradition des Adventstischs stammt ja aus einer Zeit, in der es die „gute Stube“ gab, beziehungsweise in bürgerlichen Haushalten einen für besondere Anlässe vorgehaltenen Raum. Meist war es das Wohnzimmer, das etwa nur für Gäste geöffnet oder eben am Heiligen Abend betreten oder genutzt wurde. Diesem Raum war der Schmuck vorbehalten, während sich das Leben in der Küche oder dem Esszimmer abspielte.
Interview: Stadt Dortmund