18.12.2021

Adventskalender – Tür 18

Hinter unserer heutigen Tür blicken wir noch einmal auf die Bundestagswahl 2021 zurück. Die Abgeordnete Schahina Gambir hat uns von ihren Erfahrungen als Neue im Bundestag berichtet.

Neu im Bundestag

Schahina Gambir ist 30 Jahre alt und kommt aus Bielefeld. Sie ist eine von mehr als 240 neuen Abgeordneten im Bundestag und sitzt für die Grünen im Parlament. Über ihre ersten Eindrücke in Berlin hat sie mit dem WESTFALENSPIEGEL gesprochen.

Frau Gambir, wie haben Sie Ihre erste Sitzung im Bundestag erlebt?
Das war ein ganz besonderer Tag für mich. In seiner konstituierenden Sitzung kam der neu gewählte Bundestag zum ersten Mal zusammen und es ist mir eine große Ehre nun Teil dieses Bundestags zu sein. Ich hatte auch das Glück, weit vorne zu sitzen. Dadurch habe ich viel von der Stimmung mitbekommen.

Und wie war die Stimmung?
Sehr besonders und für mich als neue Abgeordnete natürlich aufregend. Auf der Tagesordnung standen zunächst einige Geschäftsordnungsdebatten, bei denen es zum Teil schon richtig zur Sache ging. Und schließlich die Wahl der Bundestagspräsidentin und ihrer Stellvertreterinnen. Es war ein tolles Gefühl, mit abzustimmen und ein mit so vielen Frauen besetztes Präsidium wählen zu können. Als mein Name zur Stimmabgabe aufgerufen wurde, war das etwas ganz Besonderes für mich.

Haben Sie da zum ersten Mal tatsächlich realisiert, dass Sie nun Bundestagsabgeordnete sind?
Bei mir gab es nicht den einen Moment, in dem ich das realisiert habe. Es sind vielmehr viele kleine Momente, die dazu beitragen. Aber klar, die erste Sitzung des Bundestags war besonders eindrucksvoll. Plötzlich im Parlament zu sitzen, mit so vielen Leuten, die man zum Teil bisher nur aus dem Fernsehen kannte. Ein anderer besonderer Moment war unsere erste Fraktionssitzung im Plenarsaal. Da habe ich wirklich realisiert, dieser Raum hier ist die Herzkammer unserer Demokratie und ich bin nun Teil davon. Das ist für mich ein großes Privileg und zugleich eine große Verantwortung.

Schahina Gambir vor dem Reichstag in Berlin. Foto: privat

Schahina Gambir vor dem Reichstag in Berlin. Foto: privat

Wussten Sie gleich, wie Sie abstimmen müssen?
Nein. Aber zum Glück saßen um mich herum einige erfahrene Abgeordnete die mir gezeigt haben, wo ich meine Stimmkarte finde. In der Lobby vor dem Plenarsaal gibt es dafür extra Stimmkartenfächer. Die Erfahrenen haben mir auch erklärt, wie die Abstimmung genau abläuft. Das war sehr hilfreich.

Hatten die „alten Hasen“ noch weitere Tipps?
Die erfahrenen Abgeordneten unterstützen uns sehr und stehen uns mit Rat und Tat zur Seite. Und trotzdem begegnen sie uns als  gleichberechtigte Abgeordnete. Denn wir alle sind Teil der Grünen-Fraktion und wollen gemeinsam all die Aufgaben, die vor uns liegen, anpacken.

Wird das Leben außerhalb des Parlaments für die Abgeordneten eigentlich organisiert?
Nein, das machen wir selbst. Wie jede und jeder andere, die oder der einen neuen Job in einer neuen Stadt anfängt, muss auch ich mir nun in Berlin eine Wohnung suchen. Das ist dort bekanntermaßen nicht ganz einfach. Aber auch innerhalb der Strukturen des Bundestags muss ich mich erstmal zurechtfinden. Dazu gehört zum Beispiel: Wie funktioniert die Bundestagsverwaltung? Wie baue ich mein Büro auf? Ich bin froh, wenn das alles bis Weihnachten steht, damit ich – sobald die Regierung steht – dann auch richtig loslegen kann.

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Wissen Sie schon, in welchen Ausschüssen Sie mitarbeiten werden?
Nein, das ist noch nicht klar. Aber ich habe natürlich Präferenzen, unter anderem die Bereiche Antirassismus und Kampf gegen Rechts. Rassismus und Rechtsextremismus sind enorme Bedrohungen. Wohin es führen kann, wenn sich Hass und Hetze ungebremst verbreiten, haben auch die schrecklichen Anschläge von Hanau und Halle gezeigt. Deshalb möchte ich daran mitwirken, zum Beispiel ein Demokratiefördergesetz auf den Weg zu bringen, um zivilgesellschaftliche Präventionsarbeit langfristig zu sichern. Alle Menschen  in unserem Land sollen sicher und mit gleichen Chancen leben können.

Fühlen Sie sich als Repräsentantin einer neuer Generation von Politikerinnen?
Der Bundestag ist jetzt deutlich jünger geworden und auch ein bisschen diverser. Ich fände es schön, wenn unsere Generation Antreiber und  Vorbild dafür ist, wie Politik anders und neu gemacht werden kann und muss. Angesichts der großen Zukunftsherausforderungen – allen voran dem Klimawandel – müssen wir das auch.

Interview: Jürgen Bröker, wsp

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