19.12.2021

Adventskalender – Tür 19

Die Flutkatastrophe im Sommer hat auch Teile Westfalens getroffen. Nach der Zerstörung kam die Hilfsbereitschaft, und diese musste koordiniert werden.

„Wir mussten auch Spenden ablehnen“

Stephanie Krause organisierte nach der Starkregenkatastrophe in Hagen die freiwilligen Helfer.

Auch das THW half bei den Aufräumaktionen nach der Flutkatastrophe. Foto: THW

Auch das THW half bei den Aufräumaktionen nach der Flutkatastrophe. Foto: THW

Als die Starkregenkatastrophe Mitte Juli die Stadt Hagen und den Märkischen Kreis traf, brach nicht nur eine Welle der Zerstörung über die Region hinein. Es gab auch eine große Welle der Hilfsbereitschaft. Mehr als 4000 Menschen meldeten sich allein beim Krisenteam der Stadt Hagen, um vor Ort zu helfen oder zu spenden. 

Für die Stadt und die Gemeinden war das ein Segen, aber auch eine Herausforderung, berichtet Stephanie Krause, die als Leiterin der Freiwilligenagentur Hagen die Hilfe koordinierte: „Einen Tag nach dem Starkregen kamen bereits hunderte Anrufe und E-Mails, in denen Unterstützung angeboten wurde. Menschen wollten bei den Aufräumarbeiten die Profis von Feuerwehr und THW verstärken oder auch Spenden vorbeibringen. Da war mir klar, dass ich diese Anfragen nicht allein bewältigen kann.“ Gemeinsam mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung bildete sie ein Krisenteam und suchte Ansprechpartner in den Quartieren.

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Das Organisatorische sei entscheidend, erzählt die Expertin für bürgerschaftliches Engagement: „Es geht zunächst darum, welche körperlichen Voraussetzungen die Helfer mitbringen und wo sie eingesetzt werden können. Dann müssen ganz praktische Fragen geklärt werden, zum Beispiel, wo es Parkplätze und Verpflegung gibt und wo Spenden gelagert werden können.“ Und dann gab es auch Situationen, in denen Krause Hilfsangebote abgelehnt hat. „Anfangs wurde in Internetforen zu jeglicher Hilfe aufgerufen. Dann stand auf einmal ein LKW mit Kleiderspenden in Hagen, den wir zurückschicken mussten, weil das Sortieren einfach zu viel Zeit gekostet hätte und viele gut gemeinte Spenden tatsächlich nicht benötigt wurden“, erinnert sie sich.

Ins Netzwerk investieren

Stephanie Krause Foto: privat

Stephanie Krause Foto: privat

In dieser Krisensituation konnte sich Stephanie Krause auf ihre Erfahrung stützen. Seit 16 Jahren leitet die Pädagogin die Freiwilligenagentur Hagen. Die Einrichtung vermittelt zum Beispiel Wanderführer, Vorleser für das Seniorenheim oder auch Helfer für die Kleiderkammer beim Roten Kreuz. Freiwillige werden in der Agentur beraten, welches Engagement zu ihnen passen könnte und wo helfende Hände gesucht werden.

Zusätzlich ist Krause Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen. Erfahrungen wie der Flüchtlingszuzug 2015 oder der Corona-Lockdown schulten sie darin, auch in Krisen einen kühlen Kopf zu bewahren. Entscheidend für den Erfolg einer Hilfsaktion sei aber auch das Netzwerk, betont sie. Als sich die Hochwasserkatastrophe in Hagen ankündigte, suchte Krause Rat bei einer Kollegin aus Halle an der Saale; die Stadt war 2013 von einem „Jahrhunderthochwasser“ heimgesucht worden. Ihr Fazit: „Man muss in Zeiten ohne Krisen in dieses Netzwerk investieren. Ob vor Ort oder auch über die Region hinaus. Denn die nächste Herausforderung kommt bestimmt.“

Annette Kiehl, wsp

Der Beitrag erschien in Heft 6/2021 des WESTFALENSPIEGEL. Mehr zum Thema Ehrenamt und welche neuen Ideen in der Region es gibt, um mehr Menschen zu motivieren, mitzumachen, lesen Sie hier.

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