Wilhelm und Elisabeth Fisch (4. v.r.. bzw. 4. v.l.) mit Töchtern und Freunden beim Bowletrinken am Tennisplatz, 1903. Foto: Wilhelm Fisch, Archiv: Lisa Volkamer
22.04.2021

Ältester Tennisplatz Westfalens

Archäologen des LWL haben bei Bodenradarmessungen im Kreis Steinfurt den ältesten bekannten Tennisplatz der Region entdeckt. Sie sprechen von einer „Perle des archäologischen Alltags“.

Spiel, Satz und Sieg – das gab es schon vor mehr als 120 Jahren in Westfalen. Bei Bodenradarmessungen auf dem Burgberg in Tecklenburg entdeckten Fachleute jetzt ein Tennisfeld. Fotos aus dem Nachlass des ehemaligen Eigentümers ließen eine Datierung des Platzes auf eine Zeit vor 1900 zu. „Manchmal sind es die unerwarteten kleinen Funde, die die Arbeit eines Archäologen so spannend machen“, erklärt Joris Coolen, Archäologe des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL).

Gesellschaft beim Tennisspiel auf dem 2. Burghof in Tecklenburg, 1905. Foto: Wilhelm Fisch, Archiv: Lisa

Gesellschaft beim Tennisspiel auf dem 2. Burghof in Tecklenburg, 1905. Foto: Wilhelm Fisch, Archiv: Lisa

Auf den Radaraufnahmen zeichnet sich der Platz als dunkler Bereich deutlich ab. Sogar einige Linien des Spielfeldes sind noch zuerkennen. „Das Besondere ist nicht nur, dass der Tennisplatz offenbar noch weitgehend erhalten ist, sondern dass wir ihn auch mit konkreten Personen in Verbindung bringen können. Das kommt in der Archäologie relativ selten vor. Die Fotos bringen den Befund zum Leben“, sagt Coolen.

Fotografien bestätigen Fund

Hinweise aus der Bevölkerung führten die Archäologen zum ehemaligen Besitzer des Areals, dem Justizrat Wilhelm Fisch. Dieser war offensichtlich nicht nur begeisterter Tennisspieler sondern auch Amateurfotograf der ersten Stunde. Seine Fotos befinden sich im Besitz der Urenkelin Lisa Volkamer. Diese Fotografien entstanden zwischen 1889 und 1907, teilt der LWL mit.

Reste des Tennisplatzes im Ergebnis der Bodenradarmessungen. Rechts derselbe Ausschnitt mit dem offiziellen Spielfeld für das Tennis-Doppel. Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen, J. Coolen

Reste des Tennisplatzes im Ergebnis der Bodenradarmessungen. Rechts derselbe Ausschnitt mit dem offiziellen Spielfeld für das Tennis-Doppel. Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen, J. Coolen

Damals spielten Frauen und Männer gemischt Tennis. Auch dadurch war der Sport ein beliebter Zeitvertreib der Oberschicht, bot er doch die Gelegenheit zu einem ungezwungenen Kontakt zwischen den Geschlechtern, führt Coolen weiter aus. Auch für die Urenkelin von Wilhelm Fisch sind die Funde etwas Besonderes. „Ich wollte immer mal gern für eine Woche in diese Zeit reisen, das geht ja leider nicht. Aber anhand der Orte, die man in unserem Garten, im Haus und auf der Burg überall wiedererkannt, kann man sich die Zeit ganz gut vorstellen“, sagt Volkamer.

Reste der mittelalterlichen Burg

Die Messungen der LWL-Archäologen in Tecklenburg zielten eigentlich darauf ab, Reste der mittelalterlichen Burg zu entdecken. Tatsächlich wurden vom Team der Prospektionsabteilung der LWL-Archäologie für Westfalen auch Fundamente des Bauwerks nachgewiesen. Eine Datierung stehe aber noch aus. „Für die Forschung sind die Fundamente der Burg vielleicht wichtiger. Auf alte Burgmauern stoßen wir bei unserer Arbeit aber häufiger; einen Tennisplatz der Jahrhundertwende hatten wir dagegen noch nicht“, so Coolen.

wsp

In Heft 6/2020 berichtet der WESTFALENSPIEGEL ausführlich über die Archäologie in Westfalen. Wie die Prospektionsabteilung mit einem Magnetometer arbeitet, erfahren Sie zudem hier in einem Video.

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