Auf Eis gelegt
Trotz der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt ist die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in 2022 in Westfalen leicht gesunken. Hohe Baukosten und Zinsen bremsen Neubau.
23.403 Wohnungen sind in der Region im vergangenen Jahr bezugsfähig gebaut worden, das sind 269 bzw. 1,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Landesweit ist die Entwicklung drastischer. So liegt der Rückgang auf NRW-Ebene bei 4,4 Prozent. Vor allem entlang der Rheinschiene und auch in einigen Ruhrgebietsstädten ist der Rückgang stark ausgeprägt. Die Wohnungsbauquote, die die Zahl der fertiggestellten Wohnungen auf die Einwohnerzahl bezieht, lag 2022 im Landesdurchschnitt bei 25,6. Überdurchschnittlich hoch war die Quote unter anderem im Kreis Warendorf. Schlusslichter der Rangliste waren die Städte Wuppertal (5,9), Gelsenkirchen (6,3) und Hagen (7,1).
Gründe für den Aufschub oder die Absage von Wohnungsbauprojekten sind vielerorts die gestiegenen Baukosten und die Zinserhöhungen für Baudarlehen. Der Bochumer Immobilienkonzern Vonovia hatte bereits Anfang des Jahres bekanntgegeben, aufgrund dieser Umstände alle Neubauprojekte für 2023 zu stoppen. Um die hohen Baukosten zu refinanzieren, seien Mieten „in Richtung 20 Euro“ pro Quadratmeter notwendig, dies seit „völlig unrealistisch“, so Vonovia-Vorstand Daniel Riedl.
Es wird schärfer gerechnet
Selbst Vorzeigeprojekte in Westfalen werden aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen kleiner gedacht. Es wird schärfer gerechnet. Das Oxford-Quartier, ein Wohnviertel auf einem ehemaligen Kasernengelände in Münster-Gievenbeck, sollte nach ursprünglichen Planungen eine Grundschule und ein evangelisches Kirchenzentrum umfassen. Bei beiden Vorhaben gab es Ende 2022 Rückzieher. So entschied die Stadt Münster, dass eine nahe gelegene Grundschule durch einen vierzügigen Ausbau die Kinder der zukünftigen Bewohner des Oxford-Quartiers aufnehmen kann. Ein Neubau sei nicht notwendig. Auch für das angekündigte Kirchenzentrum gab es eine Absage. Hier hatten sich die Kostenschätzungen im Laufe der Planungen mehr als verdoppelt. Die Lukas-Kirchengemeinde zog daher die „Reißleine“ und gab das Projekt auf – trotz großer Enttäuschung in der Gemeinde.
Detlev Hopp, Vorsitzender des Bezirksverbands Münster-Rheine der Industriegewerkschaft BAU warnt vor einem Abwärtstrend. Er beobachtet: „Bauvorhaben werden auf Eis gelegt. Denn hohe Baukosten treffen auf hohe Zinsen und hohe Hürden beim Bauen durch staatliche Auflagen und Vorschriften. Das ist ein toxischer Mix für den Wohnungsbau.“ Die Kaufpreise beim Neubau seien längst „aus den Fugen geraten“ und die Mieten „klettern enorm nach oben“ – vor allem bei neu gebauten Wohnungen.
In Dortmund wird hingegen trotz aller Krisennachrichten groß geplant. So gab die Stadt im Frühjahr bekannt, dass am Rand der alten Westfalenhütte das „Karlsquartier“ mit 800 Wohnungen entstehen soll, davon 25 Prozent Sozialwohnungen mit günstiger Miete. Der Name spielt auf „Karl Hoesch“ an, eine fiktive Figur der Dortmunder Industriegeschichte. Mehr als 220 Millionen Euro sollen dort verbaut werden. Das erste Baufeld soll zur Internationalen Gartenausstellung IGA 2027 fertig sein und ein wichtiger Bestandteil der Stadtentwicklung im Dortmunder Norden sein.
aki, wsp