
„Bad der Bürger“
In der ostwestfälischen Gemeinde Hövelhof eröffnet bald ein neues Hallenbad. Einzigartig dabei ist: Ein Verein hat das Bad gebaut und wird es auch betreiben.
Noch laufen die letzten Handwerkerarbeiten, aber bald schon startet der Probebetrieb im neuen Sennebad, damit zur Eröffnung am 7. September alles perfekt ist. Schließlich hat das Hallenbad eine ganz besondere Bedeutung in der rund 16.000 Einwohner zählenden Gemeinde im Kreis Paderborn. Es wurde unter der Regie von Bürgern geplant und gebaut – kostengünstiger und schneller als ursprünglich prognostiziert. Ein „deutschlandweit einzigartiges Projekt,“, sagt Franz-Josef Kaimann, Vorsitzender des Bau- und Fördervereins Sennebad.
Marode Bäder der 60er- und 70er Jahre
Rückblick auf das Jahr 2020: Das 50 Jahre alte Sennebad in Hövelhof war marode und damit ein typisches Beispiel für viele der in den 1960er und -70er Jahren erbauten Hallenbäder der Bundesrepublik. Um die Haltung der Bürgerinnen und Bürger zu einem möglichen Neubau zu erfragen, führte die Gemeinde im Herbst 2021 einen Ratsbürgerentscheid durch. Das Ergebnis war eindeutig: Knapp 95 Prozent der rund 10.000 abgegebenen Stimmen votierten für ein neues Hallenbad. Die Gemeinde stand damit vor einer großen Herausforderung, denn für einen Neubau waren 13 bis 16 Millionen Euro veranschlagt. „So viel Geld haben wir noch nie für ein einzelnes Projekt ausgegeben“, sagt Bürgermeister Michael Berens.
Zu dieser Zeit entstand die Idee für eine ungewöhnliche Lösung. Ein „Bad der Bürger“, nennt es Berens. Engagierte Hövelhofer taten sich zusammen, um den Bau und Betrieb des Hallenbades selbst anzupacken. Die Vorteile erklärt Kaimann, der selbst Bauunternehmer ist: „Als Verein konnten wir unter anderem auf eine europaweite Ausschreibung der Arbeiten verzichten. Zudem konnten wir Spenden einwerben, haben einige Planungsarbeiten ehrenamtlich geleistet und große Unterstützung von lokalen Handwerkern erfahren, die vor Ort als eingespieltes Team gearbeitet haben.“ Das Versprechen, das Hallenbad in eineinhalb Jahren zum Preis von zehn Millionen Euro zu bauen, konnte der Verein somit halten – trotz erhöhter Investitionen in die energetische Ausstattung, bemerkt er.

Eine Visualisierung des neuen Sennebades in Hövelhof. Copyright: blass architekten
Neben Technik und Handwerk waren komplexe rechtliche und finanzielle Vereinbarungen zwischen Kommune, Verein und Banken notwendig, um das „Projekt Sennebad“ zu ermöglichen, berichtet der Bürgermeister. Getragen worden sei es aber vor allem von einem großen Idealismus. „Das Hallenbad ist in der Gemeinde ein gesellschaftlicher Ort und wichtig für Schul- und Vereinssport sowie für Freizeit- und Inklusionsangebote. Wir sehen deutlich, dass weniger Kinder schwimmen lernen, seit das alte Sennebad geschlossen ist“, so Berens.
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Kurz vor der Eröffnung gebe es bereits ein großes Interesse anderer Kommunen und Akteure an dem Hövelhofer Modell – auch wenn dieses nicht ohne weiteres auf andere Kommunen übertragbar sei, sagt Kaimann. Bürgermeister Berens freut sich über das Interesse und über Nachahmer. „Der Bau zeigt, was ohne große bürokratische Hürden und mit einem gesellschaftlichen Engagement möglich ist.“
Annette Kiehl, wsp