Bewegte Zeiten am Teutoburger Wald
Haus Neuland feiert sein 75-jähriges Bestehen als Bildungsstätte. Die Bielefelder Einrichtung zählt zu den führenden Anbietern von politischer Jugend- und Erwachsenenbildung.
Bereits in den 1920er und 30er Jahren fanden in der Senne am Südhang des Teutoburger Waldes große Zeltlager für Kinder und Jugendliche im Sinne der Kinderfreundebewegung statt. Als Teil der „Sozialdemokratischen Familie“ sollte jungen Menschen dort Demokratie vermittelt werden. Damit war es während der Zeit des Nationalsozialismus vorbei, es können nur noch heimlich Treffen auf dem heutigen Gelände von dem heutigen Haus Neuland abgehalten werden, heißt es in einem Rückblick anlässlich des Jubiläums. Der Neustart kommt in der Nachkriegszeit. Am 26. Juni 1949 und damit wenige Wochen nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, wurde das erste von heute vier Gebäuden eingeweiht.
In den Jahrzehnten nach der Gründung expandierte Haus Neuland und wurde zu einer wichtigen Institution der politischen Bildung in der jungen Bundesrepublik, heißt es von dem Tagungszentrum. Politische Prominenz, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren zu Gast, es wurde gefeiert und lange diskutiert, erinnern sich Zeitgenossen. In den 70er Jahren steht vor allem die Familienbildung im Mittelpunkt: Laut Willen der sozialdemokratischen Landesregierung sollten schon in der Familie demokratische Kommunikationsformen erprobt werden. „Wir haben Pott-Pädagogik gemacht“, erinnert sich der Unternehmensberater Helmut Schibilsky an seine Zeit als pädagogischer Mitarbeiter in Haus Neuland, „überall wo es einen Pott mit Fördermitteln gab, haben wir das passende pädagogische Angebot draufgesetzt“.
Schon früh wurde im Haus Neuland der interkulturelle Austausch gefördert. Uli Twelker, in den 70er Jahren dort der erste Zivildienstleistende, berichtet: „Viele wollten dieser ersten Generation an Gastarbeitern helfen, sich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. Statt Vorurteilen gab es eher ein freudiges Interesse am Gegenüber.“ Mit einer Erweiterung in den achtziger Jahren gewann Haus Neuland weitere Zielgruppen. Neben der Jugendbildung, die nach wie vor den Schwerpunkt der Arbeit darstellt, ergänzen Fortbildungen für Kita-Fachkräfte, Bildungsurlaube zu politischen Themen und Seminare zur Vorbereitung auf den Ruhestand heute das Programm. Jährlich werden dort etwa 300 Seminare und Workshops angeboten, rund 70 Beschäftigte sind dort tätig.
„Das Team von Neuland hat sich stets den gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der jeweiligen Zeit gestellt“, sagt Ina Nottebohm, seit 2006 Geschäftsführerin, und betont: „Haus Neuland wird auch in einer Gesellschaft, in der Vereinzelung und Verrohung zunehmen, immer ein Ort sein, an dem das Miteinander und der offene Austausch an erster Stelle stehen und jede Stimme den gleichen Wert hat“.
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