Elmar Brok.
12.05.2022

Brok sieht deutsche Mitschuld

Elmar Brok fordert angesichts des Ukraine-Krieges eine Stärkung der europäischen Verteidigung. Der langjährige EU-Abgeordnete und Ukraine-Beauftragte von EU-Kommissionspräsident Juncker warnte, dass der russische Angriff weit über die Ukraine hinausgehen könne. „Das gilt es – auch aus deutschem Interesse – unbedingt zu verhindern“, zitiert das Bistum Münster den Bielefelder.

Brok sprach in der Katholischen Landesvolkshochschule Freckenhorst über den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Das Land hätte 1991/92 in einer Volksabstimmung zu mehr als 90 Prozent entschieden, selbstständig sein zu wollen, und zwar in allen Landesteilen einschließlich der Krim. Der CDU-Politiker erinnerte an die zwei Grundsätze aus der Helsinki-Schlussakte von 1975: „Die Souveränität eines Staates und die Unverletzlichkeit der Grenzen dieses Staates. Letztlich sind dies Ergebnisse des Westfälischen Friedens.“ 

Der russische Präsident fürchte sich vor dem Demokratiewillen der jungen Ukrainer. „Das ist eine Bedrohung für sein Regime“, sagte Brok. Der ehemalige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament sieht auch eine Mitschuld Deutschlands an der Situation in der Ukraine. „Wenn Diktaturen etwas schreiben oder sagen, sollte man es ernst nehmen.“ Niemand habe das Schreiben Putins („Über die historische Einheit der Russen und der Ukrainer“) im Sommer 2021 zur Kenntnis genommen habe. Wenn er heute höre, man dürfe sich aus historischer Verantwortung gegenüber Russland nicht auf die ukrainische Seite schlagen, könne er das nicht nachvollziehen. 

„Abhängigkeit von Russland“

Scharfe Kritik übte Brok an den energiepolitischen Entscheidungen der vergangenen Jahre. Er verschonte auch seine eigenen Partei dabei nicht: „Wir haben es fertig gebracht, eine 55-prozentige Abhängigkeit von Russland im Gas zu haben – schon ohne Nord Stream II“, zitiert das Bistum Münster aus seinem Vortrag. Mit Sorge beobachtet Brok Putins Ansage, das „alte Russland“ wiederherstellen zu wollen und dass er Anspruch auf eine Sicherheitszone erhebt. „Da erkennt man deutlich das alte imperialistische Denken“, mahnte Brok und betonte abschließend: „Ich würde mich deutlich wohler fühlen, wenn zwischen Russland und Deutschland eine freie Ukraine liegen würde. Aus tiefstem deutschem Interesse.“ 

wsp

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