Im Podcast werden rare, alte Bücher vorgestellt. Foto: Tuula Kailunainen / LWL-Medienzentrum
24.04.2021

„Bücher haben eine Seele“

Die in Ochtrup geborene Schriftstellerin Sabine Scho und der Münsteraner Antiquar Michael Solder starten gemeinsam den Podcast „Rare books care looks“. Der WESTFALENSPIEGEL hat mit Michael Solder vorab gesprochen.

Herr Solder, was ist das Besondere an Ihrem Podcast?
Wir möchten die Leute für Bücher begeistern. Denn Bücher sind Individuen. Vor allem die Bücher, die wir vorstellen, haben eine eigene Geschichte und die wollen wir erzählen. Außerdem geht es auch darum, was jemand mit einem Buch macht, wenn er es im Antiquariat gekauft hat. Das ist für mich eine spannende Perspektive.

Sabine Scho und Michale Solder vor dem Antiquariat in Münster. Foto: Tuula Kainuleien/LWL-Medienzentrum für Westfalen

Sabine Scho und Michael Solder vor dem Antiquariat in Münster. Foto: Tuula Kainuleien/LWL-Medienzentrum für Westfalen

Welches Buch stellen Sie in der ersten Folge vor?
Wir starten mit dem Vogelbuch von Conrad Gessner, das 1558 zunächst in lateinischer Sprache erschienen ist. Unser Exemplar ist eine Ausgabe von etwa 1600 und einfach wunderschön. Das Buch duftet, und wenn man es in die Hand nimmt, ist man überrascht, wie leicht es ist, da das Papier früher sehr viel leichter war. 218 Holzschnitte illustrieren die Vogelwelt der damaligen Zeit. Außerdem ist es mit einem Holzdeckel ausgestattet, der mit Schweinsleder überzogen ist. Man muss erst die beiden Schließen öffnen, um den Inhalt lesen zu können. Wussten Sie, dass daher der Begriff „ein Buch aufschlagen“ kommt?

Sie geraten ins Schwärmen.
Ja, Bücher sind faszinierend. Man kann fast sagen, sie haben eine Seele. Und der wollen Sabine Scho und ich in unserem Podcast auf den Grund gehen.

Zurück zum Vogelbuch – was ist der Inhalt?
Es ist eine Art Lexikon. Conrad Gessner wollte den Menschen seiner Zeit Wissen über die Vögel vermitteln. Dabei geht er über die reine Beschreibung der Tiere hinaus. Man findet ebenso Hinweise für Köche etwa zur richtigen Zubereitung eines Pfaus. Ebenso können Pharmazeuten etwas lernen, wenn es um heilende Substanzen von Fledermäusen geht. Die Grundfrage, die sich Gessner stellte, war: Wer interessiert sich für Vögel und was muss man darüber wissen?

Blick ins Vogelbuch von Conrad Gessner. Foto: Tuula Kainuleien / LWL-Medienzentrum für Westfalen

Viele Bücher liegen inzwischen digital vor – braucht es da die gedruckten Exemplare noch?
Unbedingt. Ob man ein Buch in digitaler Form liest oder wirklich in die Hand nimmt und darin blättert, sind zwei verschiedene Dinge. Bei digitalen Büchern erwirbt man nur eine Leselizenz. Früher hat man ein Buch gekauft und dann ist dieses Buch durch viele Hände gewandert. Es gab Kaffeeflecken und Eselsohren. Man konnte eine persönliche Widmung hineinschreiben. All das hat den Charakter eines Buches ausgemacht. Bei den digitalen Büchern fällt so etwas, ihre eigene Geschichte, weg.

Aber die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten.
Das stimmt. Und sie ist ja auch nicht nur schlecht. Durch die Digitalisierung wird zum Beispiel das Wissen, das in den Büchern steckt, für viel mehr Menschen zugänglich. Auch meine Arbeit wird dadurch vereinfacht, weil wir einen einfacheren Zugang zu Quellen haben und verschiedene Drucke am Bildschirm vergleichen können.

Blick ins Antiquariat von Michael Solder, in dem auch die ZDF-Reihe „Hilsberg“ spielt. Foto: Tuula Kainuleien/LWL-Medienzentrum für Westfalen

Blick ins Antiquariat von Michael Solder, in dem auch die ZDF-Reihe „Wilsberg“ spielt. Foto: Tuula Kainuleien/LWL-Medienzentrum für Westfalen

Sie stellen Ihr Antiquariat der ZDF-Krimireihe Wilsberg zur Verfügung. Wird Wilsberg-Schauspieler Leonard Lansink auch mal für eine Folge des Podcasts vorbeischauen?
Vielleicht. Wir haben durchaus angedacht, in späteren Folgen auch andere Menschen zu ihren Büchern zu befragen. Aber die ersten acht Folgen machen wir erst einmal zu zweit. Immerhin hat Leonard Lansink uns seine Stimme für Trailer des Podcasts geliehen.

Interview: Jürgen Bröker

Abrufbar ist der Podcast unter www.rarebooks-carelooks.de und auf den bekannten Streaming-Plattformen.

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