Firmensitz der Gerry Weber International AG ist Halle/Westfalen. Foto: Gerry Weber AG
03.06.2020

Corona-Krise: Modeindustrie unter Druck

Gerry Weber kann vorerst weitermachen. Der Modekonzern mit Sitz in Halle/Westfalen hat für sein Rettungsprogramm in der Corona-Krise die Unterstützung von Gläubigern erhalten.

Die Gerry Weber International AG hatte im Februar, kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland, ihr Insolvenzverfahren abgeschlossen. Mit dem „Lockdown“ geriet das Modeunternehmen jedoch erneut in eine Krise. Die Schließung nahezu sämtlicher Verkaufsflächen habe einen „unwiederbringlichen Umsatzausfall von deutlich mehr als 100 Millionen Euro“ zur Folge gehabt, so Gerry Weber. Anfang Mai legte der Konzern ein „Zukunftskonzept“ vor, das neben dem Abbau von 200 Arbeitsplätzen auch eine Stundung von Forderungen umfasst. 

Die Gläubiger hätten mit großer Mehrheit dem Konzept zugestimmt, in dem sie im Kern 35 Prozent ihrer Forderungen bis zum 31. Dezember 2023 stunden, die ihnen dann nachgezahlt werden sollen, berichtet Gerry Weber. Parallel dazu haben die so genannten Plansponsoren als Eigentümer der Gesellschaft ihre angekündigte Unterstützung verbindlich zugesagt und leisten demnach ebenfalls erhebliche Beiträge zur Sanierung des Unternehmens.

Gerry Weber sorgte mit dem Best-Ager-Model Milva Spina als Star einer Werbekampagne für Aufmerksamkeit. Foto: Gerry Weber International AG

Gerry Weber sorgte mit dem Best-Ager-Model Milva Spina als Star einer Werbekampagne für Aufmerksamkeit. Foto: Gerry Weber International AG

Nach der gerade überstandenen Insolvenz steht Gerry Weber besonders unter Druck. Die Corona-Krise setzt jedoch auch anderen Unternehmen der westfälischen Modebranche zu. Der Herrenausstatter Sor Rusche mit Sitz in Oelde hatte im Februar einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt. Damals war jedoch trotz Schwierigkeiten noch von einer „hervorragenden Positionierung“ der Marke die Rede. Ende April hieß es von Seiten des Unternehmens dann, dass der Lockdown und die „coronabedingte Konsumzurückhaltung“ dazu geführt hätten, dass die Umsätze nicht für eine Sanierung reichten. 18 der 57 Läden sollen daher Ende Juli endgültig schließen, berichtet das Fachmagazin TextilWirtschaft. 

Auch der Bielefelder Hemdenspezialist Seidensticker muss sich offenbar gesundschrumpfen. Das Unternehmen teilte kürzlich mit, dass es seine Premiummarke Jacques Britt mit Ablauf der Saison Herbst/Winter 2020 aus ökonomischen Gründen einstellen werde. Der Konzern wolle sich in Zukunft auf die Stärkung seiner Kernmarke konzentrieren.„Wir bedauern diesen Schritt zutiefst und er ist uns keineswegs leicht gefallen. Schließlich war Jacques Britt über 50 Jahre lang Teil der Seidensticker Group. Zuletzt haben die Auswirkungen rund um das Coronavirus das Aufrechterhalten der Wirtschaftlichkeit jedoch strategisch betrachtet unmöglich gemacht“, begründete der Unternehmenschef Frank Seidensticker.

Lesen Sie mehr über die westfälische Modeindustrie im WESTFALENSPIEGEL 06/2019 und hier.

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