Beflaggung zum Ehrentag: Die Fahnen an Rathäusern und öffentlichen Gebäuden erinnern an das Jubiläum 75 Jahre Grundgesetz. Foto: Ennepe-Ruhr-Kreis
23.05.2024

Dankbarkeit und Verpflichtung

Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt. Kommunen, Verbände und weitere Einrichtungen erinnern mit Veranstaltungen und Aktionen an die Verkündung des Textes am 23. Mai 1949. 

Dankbarkeit und Verpflichtung, das sind die Schlagworte, die am häufigsten fallen, wenn sich Politiker oder Rechtswissenschaftler zum Jubiläum des Grundgesetzes äußern. „Unser Grundgesetz garantiert nach der nationalsozialistischen Diktatur Freiheitsrechte für alle. Die Grundrechte sind das Fundament, auf denen dieses Land aufgebaut wurde“, sagt etwa Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal. Die Verteidigung des Grundgesetzes sei immer auch die Verteidigung der Menschenwürde. Wer das Grundgesetz angreift, missachte die Freiheiten anderer, so Westphal weiter.

Für die Grundrechte einsetzen

Angesichts von Krieg in Europa und Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung durch Rechts- und Linksextremisten sowie religiöse Fanatiker mahnt Olaf Schade, Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises, aber auch zur Wachsamkeit und ebenso zur friedlichen wie nachdrücklichen Wehrhaftigkeit. „Es war und ist die Aufgabe einer jeden Einzelnen und eines jeden Einzelnen, Verfassungsfeinden entschieden entgegenzutreten und damit unser Grundgesetz zu schützen“, so Schade. Er wertete es als positives Zeichen, dass zuletzt so viele Menschen an Demonstrationen für Demokratie und Menschenrechte teilgenommen hätten.


Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet, einen Tag später trat es in Kraft. Im Parlamentarischen Rat, der 1948/49 das Grundgesetz erarbeitete, waren auch zwei Westfälinnen: Helene Wessel aus Dortmund und Friederike Nadig aus Bielefeld. Lesen Sie hier unseren Beitrag über die „Mütter der Verfassung“


Auch der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Hinnerk Wißmann von der Universität Münster fordert die Bürgerinnen und Bürger auf, sich für das Grundgesetz und darin verankerten Grundrechte einzusetzen. Sie sollten sich „nicht nur als Kunden und Verbraucher, sondern als Mitwirkende“ des vor 75 Jahren verabschiedeten Grundgesetzes verstehen.

Westfalentag zum Thema Engagement für Demokratie

Das Jubiläum der Verfassung steht auch beim 67. Westfalentag an diesem Samstag (25.5.) im Mittelpunkt. Dort lautet das Motto „Heimat braucht Haltung – Engagement für Zusammenhalt und Demokratie“. Die Festrede wird Bundespräsident a. D. Christian Wulff zur Bedeutung von 75 Jahren Grundgesetz halten. Der Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) Dr. Georg Lunemann würdigte die besondere Rolle des Grundgesetzes für seinen Verband: „Der LWL ist dem Grundgesetz in besonderem Maße verpflichtet. Er setzt sich für Menschenwürde, Demokratie, Vielfalt, Inklusion, Toleranz und Respekt ein.“ Und LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger postete in den sozialen Netzwerken: „75 Jahre Grundgesetz, das sind 75 Jahre demokratische Grundrechte und Freieht der Kunst, Kultur, Wissenschaft und Lehre. Die Vielfalt unserer Kultur wird durch das hohe Gut der Kunstfreiheit garantiert und vorgeführt und ist unverhandelbar.

Petition für Leben ohne Digitalzwang

Der Verein Digitalcourage aus Bielefeld hat am Tag des Grundgesetzjubiläums eine Petition gestartet mit dem Ziel, ein Recht auf ein Leben ohne Digitalzwang ins Grundgesetz aufzunehmen. „Ohne Smartphone keine Speisekarte, ohne E-Mail keine Fahrkarte, ohne App kein Paket, ohne Account keinen Arzttermin – dieser Trend zum Digitalzwang nimmt gerade an Tempo auf. An immer mehr Stellen werden wir genötigt, uns einzuloggen, online zu registrieren oder eine App herunterzuladen – und dabei immer mehr persönliche Daten preiszugeben”, sagt Rena Tangens, Gründerin und Vorstand von Digitalcourage.

Der Digitalzwang schließe viele Menschen aus, vor allem ältere und kranke Menschen, Menschen mit Handicap oder geringem Einkommen könnten sich ein aktuelles Smartphone oder die Kosten für mobile Daten nicht leisten, heißt es. Daher drängt der Verein auf Wahlfreiheit bei digitalen Angeboten. Die Petition, die sich an den Bundestag richtet, ist online (https://digitalcourage.de/blog/2024/petition-fuer-recht-auf-ein-leben-ohne-digitalzwang-gestartet ) abrufbar. Es gibt aber auch die Möglichkeit, sie in Papierform zu unterzeichnen.

jüb, wsp

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