22.04.2021

„Das hat der Partei auf jeden Fall geschadet“

Nachdem die Kanzlerkandidatur von Ministerpräsident Armin Laschet nun feststeht, sieht der Münsteraner Politikwissenschaftler Prof. Norbert Kersting die NRW-CDU gefordert einen Nachfolger für Laschet aufzubauen. Einen möglichen Kandidaten nennt er auch schon im Interview mit dem WESTFALENSPIEGEL.

Armin Laschet ist nach langen Debatten Kanzlerkandidaten der Union – was hat aus Ihrer Sicht den Ausschlag gegeben?
Armin Laschet hat die große Unterstützung aus dem Landesverband NRW geholfen. Man darf nicht vergessen, dass es der größte, mitgliederstärkste Landesverband ist. Auch im CDU-Vorstand sitzen viele Vertreter aus NRW und die haben ihn größtenteils gewählt. Das zeigt ja auch das recht deutliche Votum für Laschet.

Und das obwohl viele Umfragen Markus Söder als den bei der Bevölkerung beliebteren Kandidaten gesehen haben.
Politik muss sich auch mal gegen Umfragen behaupten. Ich hätte am Anfang des Prozesses auch darauf gesetzt, dass Söder der Kandidat wird. Aber Armin Laschet hat wie schon bei der Wahl zum Parteivorsitz gezeigt – damals übrigens mit einer starken Rede -, dass er sich durchsetzen kann.

Was muss nun in NRW passieren – schließlich ist der Kanzlerkandidat der Union ja auch Ministerpräsident im bevölkerungsreichsten Bundesland.
Es kommt viel Arbeit auf Laschet und die CDU in Nordrhein-Westfalen zu. Zunächst muss auf Bundesebene ein Wahlprogramm erstellt werden, daran ist Laschet natürlich maßgeblich beteiligt. Er muss ein Schattenkabinett aufstellen. Wer also würde Minister unter einem Bundeskanzler Laschet werden? Das bindet Zeit. Er wird also auch Aufgaben delegieren müssen. Und in der NRW-CDU muss man sich die Frage stellen: Was passiert, wenn der Ministerpräsident nach Berlin geht.

Was erwarten Sie?
Die Landes-CDU sollte sich davor hüten, eine ähnlich langwierige Personaldiskussion zu führen, wie es bei der Kanzlerkandidatur auf Bundesebene der Fall war. Das hat der Partei auf jeden Fall geschadet. Alle Beteiligten haben ihre Blessuren abbekommen. Jetzt ist es an Laschet, die Wogen wieder zu glätten. Dass er das kann, hat er aber schon mehrfach bewiesen.

Politikwissenschaftler, Prof. Norbert Kersting. Foto: WWU/Anna Overmeyer

Politikwissenschaftler, Prof. Norbert Kersting. Foto: WWU/Anna Overmeyer

Die NRW-CDU sollte also möglichst bald einen Übergangsministerpräsidenten benennen.
Genau. Zumal im kommenden Jahr auch schon Landtagswahlen anstehen. Der mögliche Interimsministerpräsident wird mit großer Wahrscheinlichkeit auch Spitzenkandidat im Landtagswahlkampf. Laschet selbst ist dann ja entweder Bundeskanzler, oder aber – für den Fall, dass er die Wahl verlieren sollte – als Parteivorsitzender beschädigt.

Wer könnte in Laschets NRW-Fußstapfen treten?
In der Diskussion um die Laschet-Nachfolge fällt schon jetzt immer wieder ein Name: Hendrik Wüst. Er hat den Vorteil, dass er Landtagsabgeordneter ist – eine Voraussetzung in NRW, um Ministerpräsident zu werden. Das gilt für viele andere CDU-Minister in NRW nicht. Aber der Nachfolger muss ja auch aufgebaut werden. Und das muss bald erfolgen und nicht wieder so kurz vor der Wahl im Frühjahr 2022.

Interview: Jürgen Bröker

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