01.08.2014

Das letzte Bild: Dr. Martin Kreuels ist Totenfotograf

Münster (wh). Fotos von Neugeborenen füllen oft ganze Alben, nicht wenige Fotografen haben sich auf Bilder der ersten Tage des Lebens spezialisiert. Der Münsteraner Biologe Dr. Martin Kreuels macht hingegen das letzte Bild. Er ist Totenfotograf.

Kreuels wird von Angehörigen oder auch Bestattern gerufen, um kürzlich verstorbene Menschen zu fotografieren. Darunter sind auch Sternenkinder, also tot geborene oder kurz nach der Geburt verstorbene Babys. "Gerade dann kann es wichtig für den Verarbeitungsprozess sein, ein Foto vom Kind zu haben, das man in der Familie oder Freunden zeigen kann."

Mit den letzten Fotos eines Verstorbenen will er Familien in ihrer Trauer unterstützen. "Ich weiß, wie Trauer aussieht und durch welches Tal man geht", erzählt Kreuels mit Blick auf den frühen Tod seiner Ehefrau.

Der 45-Jährige arbeitet ehrenamtlich, seinen Lebensunterhalt finanziert er durch Fotoausstellungen, Vorträge und seine Tätigkeit als Autor von Büchern rund um die Themen Tod, Trauer und Bewältigung.

Bei seiner Arbeit sei Demut wichtig, berichtet der 45-Jährige. "Ich näher mich zurückhaltend, sehe mir den Toten genau an und suche nach dem richtigen Winkel. Es geht darum, ein Foto zu haben, mit dem Angehörige auch 30 oder 40 Jahre lang noch leben können." Um solch ein Bild zu machen, spielen neben der passenden Perspektive auch biologische Umstände eine Rolle, sagt der Naturwissenschaftler. So etwa, wenn ein Körper durch Krankheiten gezeichnet sei.

Gemälde von Toten sind Teil der Kunstgeschichte und bis etwa zur Mitte des 20. Jahrhunderts war es ein Brauch, Verstorbene zu porträtieren und ihre Bilder bei sich zu tragen. Martin Kreuels will mit seiner Arbeit dazu beitragen, solche Abbildungen zu enttabuisieren.

Das Museum Religio in Telgte zeigt Bilder von Martin Kreuels in der Ausstellung "Körperkult" bis zum 21. September 2014.

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