Debatten erwünscht
Im Osnabrücker Museumsquartier eröffnet am Sonntag, 15. September, der neue Lernort „Die Villa_ Forum für Erinnerungskultur und Zeitgeschichte“.
Sitz des Forums ist eine ehemalige Industriellenvilla. Das 1900 errichtete Bauwerk war in der NS-Zeit Standort der örtlichen Parteizentrale. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es von der britischen Besatzungsmacht genutzt und schließlich an die Stadt Osnabrück übergeben. Das neue Villa_-Museum umfasst eine Dauerausstellung über die Zeit des Nationalsozialismus und zum Leben und Wirken des Osnabrücker Juristen Hans Georg Calmeyer (1903-1972). Er war NS-Funktionär, rettete in dieser Rolle in Den Haag aber tausende Juden vor der Deportation in Vernichtungslager. So wurde Calmeyer als „Schindler von Osnabrück“ bekannt. Diese Ambivalenz solle in der Villa_ thematisiert werden, heißt es von der Stadt Osnabrück.
Erinnerung an Hans Georg Calmeyer
Führungen und Workshops thematisieren in der Villa_ Themen wie „Formen der Diskriminierung“, „Zivilcourage“ und „Verantwortung und Täterschaft“. Mit der Vortragsreihe „Topografien des Terrors“ werden Themen der Geschichtswissenschaft und Erinnerungskultur aufgenommen. Fachvorträge sollen aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreifen. Bei einem „Muslimisch-jüdischen Abendbrot“ werden Meron Mendel und Saba-Nur Cheema über Identitätspolitik und den Nahostkonflikt sprechen. Das „Forum Zeitgeschichte“ bietet Raum für Gespräche darüber, wie die jüngere Geschichte das gesellschaftliche Leben bis heute prägt. „Erinnerungen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen der NS-Zeit werden weiterhin wachgehalten“, heißt es von der Stadt Osnabrück. Dabei sollen zunehmend die Nachkommen über das Leben ihrer Eltern berichten. Geplant ist unter anderem, dass Robert van Galen über das Leben seiner Mutter Ruth van Galen-Herrmann, einer „Calmeyer-Jüdin“, spricht.
Die Pläne für die Einrichtung waren in Osnabrück mitunter umstritten. „Das Konzept der Villa_ hat bereits im Vorfeld für große öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt, insbesondere durch eine Kontroverse um die Namensgebung, heißt es von der Stadt Osnabrück mit Blick auf die öffentliche Betitelung des Hauses als „Villa Unterstrich“. Ein kritischer Dialog solle weiterhin „Kern des Angebots im neuen Haus“ sein, heißt es weiter aus Osnabrück: „Es werden kritische Fragen an die Gesellschaft gestellt und produktive Debatten gefördert.“
wsp