Professor Michael Baales am Lippeufer. Foto: Dr. Eva Cichy/LWL-Archäologie
28.07.2020

„Der Fund schließt eine Lücke“

Hobbytaucher haben in der Lippe bei Lippetal im Kreis Soest ein Bootswrack entdeckt. Erste Untersuchungen zeigen nun: Bei dem Wrack handelt es sich um ein Schiff aus dem Mittelalter, das rund 1000 Jahre alt ist. Archäologen stufen den Fund als „einmalig“ ein. Im Interview erklärt der Leiter der Außenstelle Olpe der LWL-Archäologe für Westfalen, Professor Michael Baales, die Besonderheiten des Fundes.

Herr Baales, warum ist der Fund des Bootswracks in der Lippe bei Lippetal so bedeutend? 
Es ist die erste Bootssichtung dieser Art in der Lippe. Bei dem Fund handelt es sich um ein etwa zwölf Meter langes Plankenboot, das auch noch sehr gut erhalten ist. Meines Wissens nach ist es damit das älteste Plankenboot in Westfalen. Es kann uns dabei helfen, mehr über die Binnenschifffahrt im hohen Mittelalter zu erfahren. Die Datierungsuntersuchungen haben gezeigt, dass das Boot aus der Zeit um 1150 stammt.

Waren solche Plankenboote typisch für die Binnenschifffahrt auf der Lippe?
Bisher weiß man darüber leider nur sehr wenig. Es wurden zwar schon Boote aus dem Mittelalter gefunden, aber dabei handelte es sich meist nur um Einbaum-Boote, mit denen nur wenige Waren transportiert werden konnten. Mit dem großen Plankenboot, das jetzt gefunden wurde, konnten aber sehr viele Waren verschifft werden.

Wirft das ein neues Licht auf den Warentransport im Mittelalter in Westfalen?
Das müssen wir abwarten. Wir wissen relativ viel über die Schifffahrt und den Handel über Wasserwege aus der Römerzeit. Auch aus der Neuzeit gibt es einige Funde. Der neue Fund schließt eine Lücke, denn aus dem Mittelalter fehlen solche Nachweise bisher. Deshalb hoffen wir, dass wir durch den Fund des Plankenbootes auch mehr über die Wirtschaft und die Warenströme im Mittelalter in Westfalen erfahren können.

Wie häufig sind solche Laienfunde?
Ein Fund wie dieser ist sicher sehr selten. Die beiden Entdecker sind Hobbytaucher, die Umweltschutzverbänden beim Kartieren von Unterwasserpfalnzen geholfen haben und das Boot dabei zufällig entdeckt haben. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Hobbyarchäologen und ihre Funde für die Wissenschaft sehr wichtig sind.

Worauf ist zu achten, wenn ich als Laie glaube, einen archäologisch bedeutsamen Fund gemacht zu haben?
Das wichtigste ist es, die zuständigen Stellen zu informieren. Gerne können sich Finder an uns bei der LWL-Archäologie wenden.

Werden die Finder aus Soest einen Finderlohn erhalten?
Nein, einen Finderlohn gibt es nicht. In manchen Fällen, wenn bedeutende Funde gemacht werden, zahlt das Land NRW eine Belohnung. Aber für so einen Fund ist das eher nicht vorgesehen. Ich weiß aber, dass beide Finder sehr glücklich darüber sind, dass sie so mit dem Wrack etwas Einmaliges entdeckt haben.

Interview: Jürgen Bröker

Weitere Informationen zum gefundenen Wrack lesen Sie hier: 1000 Jahre altes Wrack in der Lippe entdeckt .

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