Der Menschenfischer
Horst Hrubesch trainiert die deutschen Fußballfrauen. Wir stellen Ihnen den Trainer und ehemaligen Fußballprofi vor.
Für die lachsfarbene Fischermütze, die Horst Hrubesch bei der Einkleidung der deutschen Olympiamannschaft bekommen hat, hat er natürlich schon eine Verwendung. „Die setze ich beim Angeln auf“, sagt Hrubesch bei einem Medientermin in Düsseldorf und grinst ein wenig schelmisch. Doch bis er mit neuer Fischermütze auf dem Kopf seine Köder auswerfen kann, wird es noch etwas dauern. Der Trainer der Frauenfußball-Nationalmannschaft hat erst noch ein Turnier vor der Brust. Bei den Olympischen Spielen in Paris (bis 10.8.) will er mit seiner Mannschaft rund um Routinier Alexandra Popp erfolgreich sein.
Vor seinem letzten großen Turnier als Trainer sind zahlreiche Artikel und eine Dokumentation in der ARD Mediathek über den inzwischen 73-Jährigen veröffentlicht worden. Darin äußern sich ehemalige Mitspieler ebenso wie Spielerinnen und Spieler, die unter ihm trainiert haben. Immer wieder betonen sie, was für ein „feiner Mensch“ der „Hotte“ ist, und mit welch großem Herz er bei der Sache ist.
„Manni Banane, ich Birne – Tor“
Junge Spieler bewundern seine glaubwürdige, authentische Art, Trainerkollegen die Menschenführung von Horst Hrubesch, Hotte oder auch dem „Kopfballungeheuer“ – denn auch das ist einer seiner Spitznamen. Wo dieser herkommt, erklärte Hrubesch einmal in seiner ganz eigenen Art: „Manni Banane, ich Birne – Tor.“ Denn wenn Manfred „Manni“ Kaltz seine gefürchteten Flanken vor das gegnerische Tor brachte, zitterten die Verteidiger und Torleute vor Hrubeschs „Birne“. Von 1979 bis 1983 waren die beiden ein kongeniales Duo beim Hamburger SV (HSV), mit dem Hrubesch dreimal Deutscher Meister und einmal Sieger im Europapokal der Landesmeister geworden ist.
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Dabei war Hrubesch ein spätberufener Profifußballer. Mit 24 Jahren spielte er zum ersten Mal für Rot-Weiß Essen in der Bundesliga. Zuvor arbeitete der in Hamm geborene Kicker als Dachdecker. Es folgten Stationen beim HSV, Standard Lüttich und Borussia Dortmund. Auch in seiner kurzen Nationalmannschaftskarriere war Hrubesch erfolgreich. 1980 rückte er wegen einer Verletzung Klaus Fischers in den DFB-Kader für die Europameisterschaft nach und erzielte im Finale beim 2:1-Sieg gegen Belgien beide Tore für die deutsche Mannschaft. Den Siegtreffer kurz vor dem Abpfiff natürlich mit dem Kopf. Zwei Jahre später wurde er Vizeweltmeister.
Angeln als großes Hobby
Nun will er die Frauennationalmannschaft zu einer olympischen Medaille führen. Hrubesch war schon einmal als Trainer bei den Olympischen Spielen. Mit dem Männerteam gewann er 2016 Silber. Der große Blonde hat schon mehrfach angekündigt, seine Trainerschuhe endgültig an den Nagel hängen zu wollen. Doch wenn der DFB ihn brauchte, kam er bisher immer zurück. Dieses Mal, nach den Olympischen Spielen in Paris, soll endgültig Schluss sein. „Ich merke ja, dass ich nicht mehr 25, 30 oder 50 Jahre bin, sondern eher auf die 75 zugehe“, sagt Hrubesch. Ein Alter, in dem sich viele längst zur Ruhe gesetzt haben und ihre Zeit genießen. Hrubesch wird nach Paris voraussichtlich noch ein weiteres Jahr als Nachwuchsdirektor beim HSV arbeiten. Auf den Trainingsplatz will er aber nicht mehr. Stattdessen zieht es ihn an Seen und Flüsse, um seinem großen Hobby nachzugehen: dem Angeln. Den passenden Hut dazu hat er ja jetzt.
Jürgen Bröker