Buchtipp: Das Mantra gegen die Angst. Cover-Foto: Piper Verlag, Collage: wsp
20.01.2021

Die Angst besiegt

Buchtipp: „Mantra gegen die Angst“ heißt der neue Reiseroman des „Western Yogi“ Helge Timmerberg. Es ist kein Therapie- sondern ein Abenteuerbuch.

Mehr als 22.000 Personen sind bereits der Aufforderung „Und hier geht’s zum Mantra“ gefolgt: Die Meditationsformel konnte man sich im Anhang von Helge Timmerbergs neuem Reiseroman „Das Mantra gegen die Angst“ als QR-Code herunterladen. Man kann sich den Autor also auch anhören – fernöstlich-meditativ und doch ganz irdisch, Timmerbergs Maxime folgend, ein „Western Yogi“, aber kein Heiliger zu sein: „Ich rauche, ich trinke, ich pudere (wienerisch für Sex), ich esse Schokolade und Pommes Frites, ich bin eifersüchtig, triebhaft und manchmal neidisch, und meine Kutsche könnte auch mehr Pflege vertragen sowie der Kutscher weniger Drogen, aber was soll ich machen? Ich bin, wer ich bin, und der klassische indische Mönch bin ich nicht.“

„Mantra gegen die Angst“ lag bald nach Erscheinen in dritter Auflage vor. Timmerberg hat also seine Leserinnen und Leser und das sind, wirft man einen Blick in die Foren, die der Piper-Verlag zu Autor und Buch anbietet, begeisterte „Follower“. Aber braucht Timmerberg tatsächlich ein „Mantra gegen die Angst“? Dieser Hippie, der rund 200 Länder bereist hat und dabei Tod und Teufel immer wieder ein Schnippchen geschlagen hat? Ja, auch dieser Tausendsassa der Branche brauchte offensichtlich spirituelle Hilfe.

Hilfe bei einem Yogi

Im neuen Buch beschreibt er gleich mehrere Traumata, die ihn jahrzehntelang geradezu gefoltert hätten. Und die ihm so zusetzten, dass er sich vor gut 15 Jahren auf den Weg in den Himalaya machte, um dort Hilfe bei einem Yogi zu suchen. Dessen Philosophie lautete „I’m ready for everything“, was Timmerberg abgewandelt als Untertitel seines Buches übernahm. Er erklärt: „Bereit für alles zu sein bedeu­tet, keine Angst mehr zu haben, und wer keine Angst hat, keine einzige, auch nicht die klitzekleinste, ist frei, und wer frei ist, hat alle Kräfte, die von der Angst absorbiert werden, zur freien Verfügung. Um, zum Beispiel, noch tiefer in die Angstlosigkeit zu gehen.“

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Ein Beispiel für ein solches Rundum-Sorglos-Gefühl im fernen Nepal wird gleich mitgeliefert. Am Ende seiner Wanderschaft flogen Autor und Yogi ein kurzes Stück mit dem Flugzeug und wären dabei fast abgestürzt. An Bord herrschte Panik: „Alle schrien in Todesangst, auch ich, nur der Yogi neben mir blieb so tiefenentspannt mit allem einverstanden, wie ich ihn seit zwei Wochen erlebt hatte.“

Unerwarteter Bestseller

Als Timmerberg den Yogi kennenlernte, befand er sich in einer schwierigen Phase. „Ich wurde 50 und stand mit beiden Beinen fest auf den Scherben meines Lebens. Falsche Drogen, falsche Frauen und eine falsche Bewegung beim Anschieben eines Klein­wagens hatten meine Gesundheit, meine Finanzen, meine Karriere und mein Selbstvertrauen gründlich versaut. Die Kombination aus Pleite und Bandscheibenvorfall wäre noch zu meistern gewesen, aber freie Journalisten, die nicht mehr an sich glauben, sind in unserer Branche so begehrt wie Schmeißfliegen.“ Seine damalige Angst sei „so groß und schwer wie ein Mühlstein“ gewesen, er hätte sie wie eine Bürde vor sich hergetragen: „Die Angst sah jeder. Sie war in meinen Augen. Und wenn ich eine Sonnenbrille trug, verriet mich meine Stimme.“

In dieser Situation erhielt er die Einladung zu einer von Benjamin von Stuckrad-Barre moderierten Talkshow bei MTV. Thema sollte Timmerbergs im Jahr zuvor in einem kleinen Verlag in Münster erschienenes Buch „Tiger fressen keine Yogis“ sein. Bot sich hier eine Chance? In dieser Situation half ihm das Mantra, das ihm der Yogi im Himalaya anvertraut hatte. Kaum ausgesprochen, war die Angst vor dem Scheinwerferlicht wie weggeblasen. Sein Buch sprang danach in die Bestsellerlisten.

Ehrlich, flapsig, witzig

„Das Mantra gegen die Angst“ erschien im Münchner Piper Verlag. 176 Seiten. 20 Euro. ISBN 978-3890294537

„Das Mantra gegen die Angst“ erschien im Münchner Piper Verlag. 176 Seiten. 20 Euro. ISBN 978-3890294537. Foto: Piper Verlag

Was nicht heißt, dass Timmerbergs Selbstzweifel danach völlig ausgeräumt waren und nicht immer wieder aufflammten. Das galt etwa für Autorenlesungen vor manchmal Hunderten von Zuhörern. Das Mantra habe jedesmal treue Dienste geleistet, versichert Timmerberg. Aber bedurfte es dann noch eines weiteren Trips in den Himalaya? Ja, lautet Timmerbergs Antwort, denn er wollte von seinem Yogi wissen, ob er das Mantra noch richtig im Gedächtnis behalten habe und ob er es auch an andere weitergeben dürfe. Um solchen Fragen auf den Grund zu gehen, machte er sich erneut nach Kathmandu auf.

Die überraschende Pointe des Buchs soll hier nicht vorweggenommen werden. Verraten sei lediglich, dass „Das Mantra gegen die Angst“ kein Therapie-, sondern ein Abenteuerbuch ist, in dem sich Timmerberg einmal mehr treu geblieben ist. Ein unterhaltsames, frappierendes, ehrliches, flapsiges, witziges, oft politisch unkorrektes, gelegentlich besinnliches Buch, ein typischer Timmerberg-Titel eben. Indem es auch um das Thema Buchmarkt und das Schreiben selbst geht.

Walter Gödden

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