06.11.2012

Die Bullemänner: „Die Westfalen merken oft gar nicht, wie komisch sie sind“

Westfalen (wh). Ob es um die Digitalisierung des Dorflebens oder um vorgetäuschte Intelligenz am Bücherbus geht: Die Bullemänner sind Spezialisten für die komischen Seiten Westfalens. Seit 1994 nehmen die beiden Kabarettisten in ihren Programmen die absurden Seiten der Region aufs Korn. Im Interview mit "Westfalen heute" erzählen Augustin Upmann und Heinz Weißenberg, warum der westfälische Humor unterschätzt wird.

Als Bullemänner machen Sie hauptberuflich Witze über Westfalen. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?
Augustin Upmann: Wir sind in Selm, einer westfälischen Kleinstadt zwischen Ruhrgebiet und Münsterland, aufgewachsen und haben irgendwann gemerkt, dass man als Kabarettist am besten aus seinen Kindheitserfahrungen schöpfen kann, weil diese in einem ganz lebendig sind.
Heinz Weißenberg: Die Menschen aus der eigenen Umgebung, in die haben wir uns gerne verwandelt. Man sieht die Ticks und Macken. Die sind so witzig, das treibt man dann gerne weiter und verwandelt sich in den alten traurigen Metzger, der nicht mehr mit dem Hammer schlachten darf oder den Dorfsanitäter, der nach dem Schützenfest immer noch den Mann sucht, zu dem der Daumen gehört, den er da ins Taschentuch eingewickelt zugesteckt gekriegt hat.

Was ist am Westfalen denn so witzig?
Upmann: Ich glaube, die Westfalen merken oft gar nicht, wie komisch sie sind. Ich höre bei meinen Verwandten oft kuriose Formulierungen. Zum Beispiel, wenn man am Tisch sitzt und das Gespräch stirbt weg, dann füllt Tante Clärchen die Stille mit dem Satz: "Dann hör' ich"s ja wohl."
Weißenberg: Es ist auch einmal nach einer Vorstellung ein Zuschauer zu uns gekommen – man sah es ihm nicht an – aber er war wohl total begeistert und sagte: "Ich musste lachen." Das ist das höchste Lob, das man von einem Westfalen kriegen kann.

Warum gelten die Westfalen dann als eher humorlos?
Weißenberg: Die große Gabe, die Westfalen zum Lachen zu bringen, beherrschen nicht viele. Wir lachen am liebsten über uns selbst, über unsere Unvollkommenheit.
Upmann: Wir lehnen uns nicht so aus dem Fenster, aber wollen schon richtig wahrgenommen werden.
Weissenberg: In unserem neuen Programm "Furztrocken" stelle ich als Nebenerwerbslandwirt Heini das schlichte, dem Westfalen angemessene Wunschgrab vor: Eine Siloplane über den Grabhügel gezogen, darauf ein paar alte Autoreifen, da weiß jeder: "Guck! Da liegt der Heini." Was braucht man da einen Grabstein?

Ist Ihr Erfolg ein Beweis dafür, dass die Westfalen doch über sich selbst lachen können?
Upmann: Ich denke schon. In Westfalen heißt es von der Grundstimmung her ja öfters: "Ach, sagste besser nichts!" Wenn wir was sagen könnten, denken wir uns das nur, und wenn wir es dann doch sagen wollen, ist keiner mehr da.
Weissenberg: Wenn diese Mentalität jemand witzig auf die Bühne bringt und den Ton trifft, dann freut das die Leute.

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