"Abgesagt": Bereits im Vorfeld der "Hofjagd"-Ausstellung wurden Plakate beschmiert. Foto: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake / Herrmann
28.01.2022

„Die Jagd war ein großes Spektakel“

Naturschutz oder Schießspektakel? Wie umstritten das Thema Jagd ist, zeigen die Reaktionen auf die „Hofjagd“-Ausstellung im Weserrenaissance-Museum Schloss Brake in Lemgo. In einer Podiumsdiskussion am 28. Januar treffen Gegner wie auch Befürworter der Jagd aufeinander. Der Kurator der Sonderausstellung, Dr. Heiner Borggrefe, spricht über den Mythos Hofjagd und die Konflikte im Vorfeld der Ausstellung.

Herr Dr. Borggrefe, was ist eigentlich die Hofjagd?
Die Hofjagd als gesellschaftliches Ereignis hat eine Geschichte von mehr als 2500 Jahren. Seit dem Mittelalter gab es das herrschaftliche Privileg der Hohen Jagd. In der Neuzeit wurde die höfische Jagd mehr und mehr zu einem großen Spektakel, bei dem es nach wie vor darum ging, politische Macht zu demonstrieren. Im Mittelpunkt unserer Ausstellung steht die Jagdkultur an den Fürstenhöfen vom 15. bis zum frühen 17. Jahrhundert, in Lippe wie auch im europäischen Zusammenhang.

Was hat das mit der Jagd heute zu tun?
Das heutige Brauchtum der Jagd entstammt überwiegend der historischen Hofjagd. Ob es um die Hubertusmesse geht, den Jagdschmaus, die grüne Tracht der Jäger, oder um den Brauch, Jagdtrophäen an die Wand zu hängen. All das hat Ursprünge, die sehr alt sind. Es ist unser Anliegen, mit der Ausstellung über die historische Herkunft des Jagens zu informieren. Wir wollen damit einen sachlichen Beitrag zur heutigen, oft aufgeregt geführten Diskussion über die Jagd liefern. Wir wollen aufklären, wie das Jagen gesellschaftlich entstanden ist und welchen sozialen Statuswert es lange hatte.

Kurator Dr. Heiner Borggrefe vor dem Gemälde "Jagdschloss Mariemont" von Joos de Momper aus den 1620er. Foto: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake / Herrmann

Kurator Dr. Heiner Borggrefe vor dem Gemälde „Jagdschloss Mariemont“ von Joos de Momper aus den 1620er. Foto: Weserrenaissance-Museum Schloss Brake / Herrmann

Die aufgeregte Diskussion zeigte sich schon vor der Eröffnung der Ausstellung.
Leider ja. Plakate wurden bereits vor der Ausstellungseröffnung in roter Farbe mit Begriffen wie „Mörder“ beschmiert. Aufhängungen wurden teilweise zerstört. Wir waren von dieser heftigen Reaktion schon sehr erstaunt, zumal ja noch niemand die Ausstellung gesehen hatte. Wir haben dann aber beschlossen, dieses Ereignis öffentlich zu thematisieren. Daher veranstalten wir zusammen mit dem Landesverband Lippe als Träger unseres Museums am 28. Februar eine öffentliche Podiumsdiskussion, bei der sowohl Tierschützer als auch Jagdbefürworter zu Wort kommen werden.

„Privileg und Spektakel“, heißt es im Untertitel der „Hofjagd“-Ausstellung. Spielen diese Themen auch heute noch bei der Jagd eine Rolle?
Bei der Vorbereitung der Ausstellung habe ich mit Jägern, vornehmlich aus unserer Region gesprochen. Nach meinem Eindruck überwiegen heute das Interesse an der Natur sowie ein verantwortungsbewusster Umgang mit dem Wild. Jagen ist heute ja kein Privileg mehr, im Sinne der alten Hofjagd. Doch sieht man auch Großwildjäger, die sich den Abschuss eines Elefanten in Afrika kaufen, mit dem sie dann im Internet herumprotzen. Dabei geht es sicherlich nach wie vor um eine Darstellung von Macht.

Interview: Annette Kiehl, wsp

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