Die letzte Meile überwinden
Im Kreis Coesfeld werden E-Scooter verliehen, um die Nutzung von Bus und Bahn attraktiver zu machen. Das Projekt „kommit“ erprobt neue Formen der Mobilität im ländlichen Raum.
Wer auf dem Land ohne eigenes Auto unterwegs sein will, der braucht eine Menge Zeit und muss eifrig planen, um verlässlich ans Ziel zu kommen – und wieder zurück nach Hause. Der Kreis Coesfeld will beweisen, dass es anders geht. Im „kommit“-Bürgerlabor werden neue Mobilitätsformen erprobt. Von einem Busshuttle, der per App gerufen werden kann über den E-Roller bis hin zum „Express-Bus“ und einer Mobilstation am Bahnhof. Kreisdirektor Dr. Linus Tepe hat sich mit dem Projekt viel vorgenommen. „Wir wollen Mobilität im ländlichen Raum neu definieren“, sagt er.
Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Bürgerinnen und Bürger überzeugt werden können, den ÖPNV statt des eigenen PKW zu nutzen. „Uns geht es um den Klimaschutz, aber auch um den Platz, den Autos in den Städten und Gemeinden verbrauchen“, erklärt Tepe. Ein Anliegen des Projektes sei es, das Problem der „letzten Meile“ zu lösen: „Also beispielsweise die Frage, wie Menschen von ihrer Wohnung zum Bahnhof kommen.“
E-Scooter für zehn Euro im Monat
So verleiht das „kommit“-Projektteam seit Mitte September E-Scooter als Ergänzung zur Nutzung von Bus und Bahn. Bürgerinnen und Bürger aus Senden, Lüdinghausen und Olfen, die über ein ÖPNV-Abo verfügen, können die Roller für zehn Euro pro Monat mieten, um die Distanz bis zur nächsten Haltestelle zu überbrücken. Der E-Scooter kann dann zusammegeklappt mit in den Bus oder in die Bahn genommen werden.
Das Projekt „kommit“ läuft seit August 2020. Seitdem konnten im Kreis Coesfeld bereits einige Erkenntnisse zur Nutzung des ÖPNV im ländlichen Raum gewonnen werden. So ist der „Express-Bus“, der als eine Art beschleunigter Schnellbus nach Münster fährt, sehr beliebt und erhält von Fahrgästen gute Noten. Der „kommit-Shuttle“, eine Art Sammeltaxi, das per App oder telefonisch bestellt werden kann, fährt jetzt nicht mehr nur in Senden, sondern auch in Bösensell und Otmarsbocholt. Jedoch sitzt darin oft nur ein Fahrgast; um effizient zu funktionieren, bräuchte es eigentlich mehrere Passagiere, heißt es von den Organisatoren. Nun steuert der Shuttle nicht mehr die Wunschziele von Fahrgästen an, sondern hält an festgelegten Punkten. Dazu zählen 200 Bushaltestellen und 40 sogenannte virtuelle Haltestellen, die in der App verzeichnet sind.
Mehr zum Thema Verkehrswende in Westfalen lesen Sie im Dossier „Auf zur Verkehrswende“ auf unserer Themenseite und im WESTFALENSPIEGEL 02/2023. Wir stellen neue Mobilitätsformen vor und fragen, wann die S-Bahn Münsterland startet.
Im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern wollen die Projektmacher im Kreis Coesfeld lernen, wo es in Sachen Mobilität hakt. „So haben wir erfahren, dass wir uns zu wenig mit den ÖPNV-Verbindungen ins Ruhrgebiet beschäftigt haben“, nennt Tepe ein Beispiel. Entscheidend für eine mögliche Fortsetzung von „kommit“ wird aber auch die Frage sein, wie die Angebote dauerhaft finanziert werden können. Der Projekttitel gibt dabei als Motto die Richtung vor. „Kommit“ soll nicht nur eine verkürzte Aufforderung sein, sich auf den Weg zu machen. Vielmehr steht „commitment“ im Englischen für Engagement und Verpflichtung – und das soll auch in Sachen Mobilität gelten.
Annette Kiehl, wsp