Die Welt entdecken
ruf Jugendreisen aus Bielefeld ist vom Netzwerk Deutsche Standards als „Marke des Jahrhunderts“ ausgezeichnet worden. Lesen Sie hier ein Unternehmensporträt.
Die ersten Werbeplakate waren selbstgemalt, am Steuer der Reisebusse saßen die Vereinsgründer und ihre Gäste übernachteten auf Luftmatratzen in Zelten. Seit diesen Tagen zu Beginn der 1980er Jahre hat sich bei ruf Jugendreisen einiges verändert. Was vor mehr als 40 Jahren mit einem studentischen Projekt begonnen hat, ist heute mit rund 50000 Gästen jährlich der größte Anbieter von Jugendreisen in Europa. Geblieben ist der Unternehmenssitz – in Bielefeld.
Unabhängig von Kirche und Parteien
Die Welt entdecken und gemeinsam etwas erleben. Was im Jahr 2024 selbstverständlich klingt, war damals eine kleine Revolution. „Camps und Freizeiten für junge Menschen wurden Anfang der 1980er Jahre praktisch ausschließlich von kirchlichen oder auch parteigebundenen Organisationen angeboten. Die ruf-Gründer haben erstmals ein unabhängiges Format entwickelt“, erzählt die geschäftsführende Gesellschafterin, Kristina Oehler. Sie ist vor fast 25 Jahren über einen Studentenjob in das Unternehmen gekommen und betreute Jugendliche bei ihrer Reise. Die sogenannten Teamer, also Betreuer, stehen im Mittelpunkt des Konzeptes und werden in der unternehmenseigenen Akademie in Bielefeld ausgebildet. „Es geht um einen möglichst gleichberechtigten Umgang. Die Teamer sind weniger eine Autoritätsperson, sondern vielmehr eine Art großer Bruder bzw. große Schwester. Sie begleiten die Jugendlichen während der Reise und achten darauf, dass die Spielregeln eingehalten werden, um gemeinsam eine gute Zeit zu haben“, so Oehler.
ruf bietet Reisen für elf- bis 23-Jährige an, hinzu kommen Klassen- oder auch Abi-Fahrten. Das Portfolio reicht heute vom Sprachcamp über den Städtetrip bis zur „USA Traumreise“. Der Klassiker sei aber immer noch die Partyreise, erzählt die Chefin: „Einmal mit dem Bus nach Lloret de Mar fahren und dort neue Leute treffen, feiern und flirten – das wünschen sich viele 16- bis 20-Jährige.“ Als Spezialist für diesen Bereich hat ruf Erfahrung darin, zwei unterschiedliche Kundengruppen zu bedienen. Die jungen Gäste und deren Eltern, die häufig mitentscheiden, wohin die Reise geht. So lautet ein Slogan „safe unvergesslich“; das Thema Sicherheit spielt also eine große Rolle. Um das zu gewährleisten, betreibt ruf neben einer eigenen Busflotte auch Hotels und Clubs an Urlaubsorten, die auf die Bedürfnisse der jungen Kunden abgestimmt sind. „Vor 10 Uhr braucht man dort kein Frühstück zu servieren“, so Oehler. Auf diesem Weg will ruf aber auch gewährleisten, dass der Jugendschutz eingehalten wird. Zum Beispiel, wenn es an der Bar um die Frage geht, wer ein Bier trinken darf und wer nur eine Cola.
Ob es um das Thema Sicherheit oder auch um die Auswahl am Buffet geht: Die Ansprüche an das Reisen seien in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen, beobachtet die Tourismusexpertin. Manches verändere sich aber auch nicht. „Die Frage, wie lange ich ausgehen darf, die beschäftigt Jugendliche gestern wie heute“, sagt Oehler.
Annette Kiehl, wsp
Dieser Artikel ist zuerst im WESTFALENSPIEGEL 02/2024 erschienen.