13.10.2020

„Nachholbedarf ist offensichtlich“

Die Corona-Pandemie hatte bislang keinen Digitalisierungsschub im Mittelstand zur Folge. Kleine und mittelständische Unternehmen in NRW haben sich in Sachen Digitalisierung seit dem Jahr 2018 kaum weiterentwickelt, zeigt der Digitalisierungsindex NRW 2020.

Die repräsentative Studie der Fachhochschule des Mittelstandes wurde vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe in Auftrag gegeben. Rund 650 Unternehmen verschiedener Branchen mit zehn bis 499 Mitarbeitern wurden befragt.

Der Gesamtindexwert 2020 liegt auf einer Maximalskala von zehn Punkten bei 4,3, bei der letzten Studie 2018 lag der Wert bei 4,1. Am besten schnitten die industriellen Dienstleistungen (5,1 Punkte) und die Branche Energie/Wasser/Abwasser (4,9) ab. Das Sozial- und Gesundheitswesen liegt bei 4,3 Punkten und der Handel bei 4,1. Der Digitalisierungsstand in Gastronomie und Hotellerie sowie im Handwerk liegt mit Indexwerten von 2,5 bzw. 2,8 eher niedrig. Auch das Baugewerbe (3,6) und die Industrieunternehmen (3,7) schneiden unterdurchschnittlich ab.

Prof. Liane Buchholz. Foto: SVWL

Prof. Liane Buchholz. Foto: SVWL

Diese Ergebnisse seien ernüchternd, sagte die Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, Prof. Liane Buchholz. Die Corona-Pandemie habe die Bedeutung und die Chancen der Digitalisierung wie unter einem Brennglas aufgezeigt; nicht nur, was das Thema Videokonferenzen angeht. „Der Nachholbedarf wird nun offensichtlich.“

Die Untersuchung ergab, dass Themen wie Industrie 4.0, Virtual Reality oder auch die digitale Zusammenarbeit in den meisten Unternehmen kaum eine Rolle spielen. Am besten bewerten die Firmen ihre digitale Leistungsfähigkeit in Sachen IT-Sicherheit, Einkauf und Logistik sowie im Marketing und Vertrieb.

Warum viele Mittelständler in Sachen Digitalisierung offenbar so zurückhaltend sind? Der Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium, Christoph Dammermann, nannte bei der Präsentation des Digitalindex in Münster „volle Auftragsbücher“ und „Zeitmangel“ als Gründe. Strategische Fragestellungen würden gerade im Tagesgeschäft von Handwerksunternehmen häufig in den Hintergrund gedrängt, habe er erfahren. Es gebe jedoch auch positive Signale. So habe die Nachfrage nach Fördergeldern des Landes zur Digitalisierung des Einzelhandels im Frühjahr die Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen, berichtet Dammermann: „Im Handel sind zurzeit viele Unternehmen unterwegs, um sich im Wettbewerb mit Online-Händlern zu positionieren.“

Weitere Informationen zum Digitalisierungsindex finden Sie hier.

wsp

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