„Ein gefährlicher Präzedenzfall“
Vor einer Woche hat der Kreistag in Gütersloh gegen den Ausbau der Gedenkstätte Stalag 326 votiert. Nun schaltet sich Kulturstaatsministerin Claudia Roth in den Streit ein.
Roth wählt in ihrem Statement zum Streit um das ehemalige Kriegsgefangenenlager in Schloß Holte-Stukenbrock deutliche Worte: „Es wäre ein herber Rückschlag für die Erinnerungskultur in unserem Land und ein gefährlicher Präzedenzfall, wenn die Gütersloher CDU mit Unterstützung der AfD die Finanzierung einer wichtigen Gedenkstätte stoppt und damit deren Schließung riskiert“, so die Kulturstaatsministerin. Die Erinnerung für die Zukunft an Krieg und Gewalt, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausgegangen ist, müsse demokratischer Konsens sein. „Diesen gilt es zu befestigen und nicht zu beschädigen“, sagt die Grünen-Politikerin.
Der Bund hat 25 Millionen Euro für die Erinnerungsarbeit der Gedenkstätte Stalag 326 zur Verfügung gestellt, betont die Kulturstaatsministerin. Auch das Land und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe leisten eine Millionenbeitrag, um die vom Verfall bedrohte und schlecht zugängliche Gedenkstätte am ehemaligen Stalag 326 auszubauen und für die Öffentlichkeit zu erschließen. Der Bund fördere das Projekt im Vertrauen darauf, dass Beteiligte vor Ort ihren Beitrag leisten. Damit verweist Roth an die Beteiligung der Kommunen an den Betriebskosten der geplanten Gedenkstätte.
An diesem Punkt hat sich im Kreis Gütersloh ein Streit entzündet. So lehnte die CDU-Fraktionsvorsitzende Birgit Ernst die Ausbaupläne als „überdimensioniert“ ab und begründete, man wolle „keine derartige finanzielle Verpflichtung eingehen“. Vor den Herbstferien votierte die CDU-Fraktion – gegen die Überzeugung von Landrat Sven-Georg Adenauer und Landtagspräsident André Kuper (beide CDU) – schließlich gegen das Projekt. Die AfD-Fraktion sowie Freie Wähler und die Unabhängige Wählergemeinschaft stimmten im Kreistag ebenfalls dagegen. Damit stehen die Planungen für die Gedenkstätte vor dem Aus.
Roth will klärendes Gespräch
Claudia Roth will das offenbar nicht akzeptieren. Sie will die Verantwortlichen auf der Landesebene und der kommunalen Ebene nun zu einem „klärenden Gespräch“ bitten. Die Kulturstaatsministerin verweist auf die Wichtigkeit der Gedenkstätte Stalag 326. Diese beleuchte ein „immer noch viel zu wenig bekanntes Kapitel der deutschen Geschichte“, macht sie in ihrem Statement deutlich. „Kriegsverbrechen des nationalsozialistischen Deutschland an den Kriegsgefangenen der sowjetischen Armee, Soldatinnen und Soldaten aus Russland, Belarus, der Ukraine und allen sowjetischen Republiken, die in der deutschen Kriegsgefangenschaft millionenfach elendig zu Tode kamen.“
Der Förderverein Gedenkstätte Stalag 326 hat unterdessen bekannt gegeben, dass die Einrichtung bis auf weiteres geschlossen bleibt. Grund sei die Entscheidung im Gütersloher Kreistag gegen den lange geplanten Ausbau. Das Votum von CDU, AfD sowie FW/UWG habe den Verein „zutiefst getroffen und schockiert“, schreibt der Vorstand.
aki, wsp