Bibliotheken in Haftanstalten unterstützen die Insassen, sich wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Foto: Pixabay
24.10.2024

„Ein Stück Freiheit“

Der Münsteraner Bibliothekar Gerhard Peschers ist für sein Engagement für Gefängnisbibliotheken ausgezeichnet worden.

Mehr als drei Jahrzehnte hat sich Peschers für Büchereien in den Haftanstalten eingesetzt. Von 2003 bis 2019 betreute er als Bibliothekar die Gefangenenbücherei Münster, die 2007 vom Deutschen Bibliotheksverband als „Bibliothek des Jahres“ ausgezeichnet wurde. Die Einrichtung versorgte rund 500 Häftlinge mit über 10.000 Büchern, Hörbüchern und DVDs. Seit 2016 ist die Gefangenenbücherei in ihrer ausgezeichneten Form jedoch aufgrund der teilweisen Evakuierung der Justizvollzugsanstalt (JVA) Münster Geschichte; nach erneuter Belegung eines Flügels mit Inhaftierten wurde sie unter den neuen Rahmenbedingungen der Anstalt 2019 in begrenzter Form wieder in Betrieb genommen. Peschers Engagement führte auch zur Gründung des Fördervereins Gefangenenbüchereien, dessen Vorsitzender er seit 2006 ist. Er hat Lesungen bekannter Autoren wie Bernhard Schlink sowie Literaturgruppen und Schreibwerkstätten in den Haftanstalten organisiert. Auch Schreibwettbewerbe für Inhaftierte und die Ausstellung „Lesen verbindet – Alphabetisierung als Menschenrecht“ gehen auf Peschers Einsatz zurück. Auch international engagierte sich der Münsteraner für Literatur in Gefängnissen. „Das Lesen beschert den Menschen hier ein Stück Intimsphäre, ein Stück Freiheit“, sagte der Bibliothekar und Theologe 2015 im Gespräch mit dem WESTFALENSPIEGEL. 

Dr. Sabine Homilius, Präsidentin des BID, und Gerhard Peschers bei der Verleihung der Karl-Preusker Medaille in Münster. Foto: Michael Lyra, Münster

Dr. Sabine Homilius, Präsidentin des BID, und Gerhard Peschers bei der Verleihung der Karl-Preusker-Medaille in Münster. Foto: Michael Lyra, Münster

Im September wurde Peschers mit der Karl-Preusker-Medaille 2024 ausgezeichnet. Bei der Verleihung wurde dessen weitreichender Einfluss betont: „Seine Arbeiten haben dazu beigetragen, das Verständnis und die Wertschätzung für die Bibliotheksarbeit im Justizvollzug zu vertiefen“, hieß es vom Dachverband Bibliothek & Information Deutschland (BID), der die höchste bibliothekarische Auszeichnung bundesweit vergibt. BID-Präsidentin Dr. Sabine Homilius würdigte die Verdienste des Dipl.-Bibliothekars: „Durch Gerhard Peschers’ Engagement wurde die Bibliotheksarbeit im Justizvollzug als wichtiger Bestandteil der Resozialisierung und Bildung etabliert. Seine Arbeit hat nicht nur das Leben vieler Inhaftierter positiv beeinflusst, sondern auch das Bewusstsein für die Bedeutung von Gefängnisbibliotheken geschärft. Die Verleihung der Karl-Preusker-Medaille würdigt seine herausragenden Leistungen und seinen unermüdlichen Einsatz für die Bibliotheksarbeit im Justizvollzug.“

Der Tag der Bibliotheken wird mit zahlreichen Aktionen und Veranstaltung rund um den 24. Oktober gefeiert. Einen Überblick finden Sie hier. An diesem Tag verleiht der Deutsche Bibliotheksverband gemeinsam mit der Telekom Stiftung den Preis „Bibliothek des Jahres“ sowie seit 2020 den Preis für die „Bibliothek des Jahres in kleinen Kommunen und Regionen“.

wsp

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