Die „Soda-Brücke“ in Castrop-Rauxel. Foto: Oliver T. Müller / BdSt NRW
09.11.2021

Eine Brücke führt ins Nirgendwo

Steuergeldverschwendung schwarz auf weiß: Der Bund der Steuerzahler hat sein Schwarzbuch vorgelegt. Mit dabei auch vier Fälle aus Westfalen.

Der Bund der Steuerzahlen (BdSt) nennt sie „Soda-Brücken“, weil sie einfach so dastehen und keinen Zweck erfüllen. Ein besonders teueres Exemplar dieser Brückenspezies hat der Steuerzahlerbund in Castrop-Rauxel ausfindig gemacht. Seit mehr als 40 Jahren steht dort eine Brücke über die Dortmunder Straße. „Gebaut wurde sie für 950.000 DM für eine Ortsumgehung, die es bis heute nicht gibt“, heißt es in der Mitteilung des BdSt. Die Forderung des Vereins: „Verkehrsplanung muss schneller gehen und verlässlich sein. Halbe Sachen, ob Brücken oder Teilstücke von Straßen und Radwegen, bedeuten schließlich ganze Arbeit in puncto Verschwendung.“

Seit 49 Jahren gibt der Bund der Steuerzahler das „Schwarzbuch der öffentlichen Verschwendung“ heraus. „Klar ist, dass diese Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind. Dazu gehören skandalöse Fälle, bei denen Milliarden Euro in den Sand gesetzt wurden, aber auch kleinere und skurrile Fälle direkt vor der Haustür der Bürger“, sagt der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel.

Skurriler Fall in Eslohe

Ein solch skurriler Fall vor der Haustür wurde in Eslohe im Hochsauerlandkreis entdeckt. Dort hat es ebenfalls eine Brücke ins diesjährige Schwarzbuch geschafft. Denn die Stadt eine Fußgängerbrücke direkt neben einer bereits bestehenden Brücke gebaut. Immerhin: Die neue Brücke ist 25 cm breiter und kürzt ein paar Meter Weg ab. Kosten: 95.000 Euro.Eine Brücke neben einer Brücke ist in den Augen des Steuerzahlerbundes „Steuergeldverschwendung par excellence“.

Einige Kilometer weiter in Lüdenscheid unterstützt die Politik seit Jahren bei der Plakatwahlwerbung, indem sie Plakatrahmen an Laternenmasten zur Verfügung stellt. „Das kostete die Stadt pro Wahl 15.000 Euro“, so der Bund der Steuerzahler. Die Stadt wollte das ändern, die Lokalpolitik dagegen hätte am liebsten noch draufgesattelt, heißt es weiter. So kam es zu einem Kompromiss: Die Stadt wählt 600 Laternenmasten aus und lost sie den Parteien zu. Dieser Service soll einmalig rund 25.000 Euro kosten. Und das obwohl die Parteien eine staatliche Wahlkampfkostenerstattung erhalten und daher keinerlei kommunale Hilfe benötigen.

Auch Selm ist dabei

In Selm wurde ein Geschenk zum teuren Ärgernis. Denn eigentlich sollte eine Skulptur im neu gestalteten Auenpark dort ein Geschenk sein. Und Geschenke kosten ja bekanntlich nichts. Doch plötzlich sei die Schenkung „nicht mehr machbar“ gewesen, und die Stadt zahlte einen Eigenanteil von 28.000 Euro, so der Bund der Steuerzahler. Die darüberhinausgehenden Kosten wurden über die Regionale 2016 gefördert – natürlich aus Steuermitteln.

wsp

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