Eine Bühne für Denkmale
Der 30. Tag des offenen Denkmals wird am Sonntag in Münster eröffnet. Wir haben mit Münsters Stadtdenkmalpfleger Ludger Brinkmann über bekannte und besondere Denkmale gesprochen und gefragt, was es mit dem „Talent Monument“ auf sich hat.
Herr Brinkmann, Münster steht beim 30. Tag des offenen Denkmals im Mittelpunkt. Auf was kann man sich freuen?
Neben einem Festprogramm auf dem Prinzipalmarkt mit Musik und einem ‚Markt der Möglichkeiten‘ wird es am Sonntag rund 100 kostenlose Führungen und Vorträge an zahlreichen Denkmalen geben. Dabei beteiligen sich in diesem Jahr rund ein Drittel mehr Ehrenamtliche sowie Eigentümerinnen und Eigentümer als in den Vorjahren. Sie ermöglichen Besucherinnen und Besuchern einen Blick hinter Türen, von denen einige ansonsten für die Öffentlichkeit verschlossen sind. Nicht nur bekannte Bauwerke wie der Friedenssaal oder auch der Erbdrostenhof stehen auf dem Programm, sondern auch neue Denkmale wie beispielsweise ein Gründerzeithaus an der Nordstraße. Hier wurde die erhaltene Ausstattung aus der Bauzeit erst kürzlich wiederentdeckt.
Ein Thema beim Festtag wird auch die Zukunft der denkmalgeschützten Justizvollzugsanstalt Münster sein.
Unter dem Stichwort „Denkmal mit Potential“ präsentiert eine Ausstellung im Stadthaus in Münster Ideen von Studierenden der Technischen Hochschule OWL zur Zukunft der JVA, die voraussichtlich in ein paar Jahren leergezogen wird. Unabhängig von diesen Visionen geht es aus Sicht der Denkmalpflege nun zunächst darum, eine Grundlagenermittlung für mögliche zukünftige Nutzungen und bauliche Entwicklungen dieses außergewöhnlichen Gebäudes durchzuführen. Kriterien sind dabei eine denkmalgerechte Lösung, aber unter anderem auch die Vernetzung des Quartiers mit der Innenstadt. Das Gebäude stellt die Denkmalpflege vor einige Herausforderungen, denn es wurde im 19. Jahrhundert als Haftanstalt für eine sehr konkrete Nutzung gebaut, die es in Zukunft so sicherlich nicht mehr geben wird.
„Talent Monument“ lautet das Motto des 30. Tags des offenen Denkmals. Brauchen Denkmale eine Showbühne?
In Münster prägen Denkmale die Identität der Stadt und ziehen zahlreiche Besucher an; man denke nur an den Prinzipalmarkt, den Friedenssaal im Rathaus oder auch die Kirchen. Denkmale zeugen von der Epoche, in der sie erbaut worden sind, aber sie haben viele weitere Talente. Manche sind noch weniger bekannt, zum Beispiel die klimaschonenden Eigenschaften, die mit dem Erhalt eines Bauwerks einhergehen. Daher ist es wichtig, Denkmalen eine Bühne zu bieten, und das nicht nur einmal im Jahr.
Tipps aus der Region zum Tag des offenen Denkmals
Der 30. Tag des offenen Denkmals präsentiert an vielen Orten Westfalens verschiedenste Denkmale. Wir geben Tipps für Besuche am Sonntag, 10. September. Weitere Informationen bietet das Programm mit bundesweit mehr als 5500 geöffneten Denkmalen.
Anlässlich des 375-jährigen Jubiläums des Westfälischen Friedens steht Münster im Mittelpunkt des Tags des offenen Denkmals. Ab 10.30 Uhr findet auf dem Prinziplamarkt ein Festprogramm mit einem „Markt der Möglichkeiten“, Kultur, Quiz und Rallye statt. Zahlreiche Führungen und Vorträge laden im gesamten Stadtgebiet ein, berühmte und weniger bekannte Denkmäler zu entdecken. Zudem bieten Schaubaustellen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Einsicht in die Denkmalpflege, zum Beispiel am Krameramtshaus von 1589, dem heutigen Haus der Niederlande, wo die Fenster energetisch saniert werden. Wer mehr über die Arbeit der Jugendbauhütte Westfalen erfahren möchte, kann eine Shuttle-Tour zum Schloss Senden nutzen, einer Einsatzstelle der jungen Denkmalschützer.
Archäologie-Interessierte erhalten Einblick in die Vergangenheit der Römer in Haltern am See. Um 10 Uhr und um 11 Uhr nimmt die Römerexpertin des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), Dr. Bettina Tremmel, die Besucher mit zum ehemaligen Werkstattgebäude (lat. fabrica) des Hauptlagers in Haltern und berichtet über die dortige Ausgrabung. Treffpunkt ist die Germanicusstraße 8d. Gleich mehrere Zeiten, von den steinzeitlichen Jägern und Sammlern (ca. 7.000 v. Chr.) über Siedlungsreste der jüngeren Bronze/Eisenzeit (ca. 1.100 bis 100 v. Chr.) bis hin zu mittelalterlichen Ackerrelikten haben die Besucher der Grabungsfläche in Gronau-Markenfort vor Augen. LWL-Archäologe Dr. Bernhard Stapel führt von 11 Uhr bis 17 Uhr, immer im Zwei-Stunden-Takt, über die Grabungsfläche.
Technische Monumente im Mittelpunkt
In Bochum können Neugierige von 10 bis 18 Uhr mehr über die Trauerhalle Havkenscheid erfahren, die zur Fritz Bauer Bibliothek umgebaut worden ist. Es gibt einen Vortrag, eine Führung und Möglichkeiten zum Austausch rund um das markante Gebäude von 1972, das nach Plänen des Architekten Ferdinand Keilmann errichtet wurde und eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau der Stadt spielte. Auch die Frage der zukünftigen Nutzung spielt eine Rolle.
Ganz im Süden Westfalens, in Wilnsdorf, stehen am Tag des offenen Denkmals technische Monumente im Mittelpunkt. Der Förderturm Niederdielfen, der 1995 wiederaufgebaut wurde, ist ein für das Siegerland einzigartiges Denkmal und erinnert an die rund 2000 Jahre alte Wirtschaftsgeschichte der Region. Im Schachtgebäude des rund 16 Meter hohen Förderturms befindet sich eine Ausstellung zur Geschichte des Bergbaus und der Grube Grinberg, die ebenfalls besichtigt werden kann.
Die Bielefelder Radrennbahn wurde vom Münsteraner Architekten Clemens Schürmann entworfen und 1953 eingeweiht. Sie gehört zu den schnellsten Betonpisten Europas. Neben radsportlichen Höhepunkten fanden hier auch Boxkämpfe, Reitturniere und Konzerte sowie Reden u.a. von Konrad Adenauer statt. Noch heute ist sie Austragungsort von Steherrennen. Bei mehreren Rundgängen zwischen 12 und 15 Uhr geben Mitglieder des Fördervereins Einblicke in die bewegte Geschichte der Radrennbahn und ihre Besonderheiten.
Wohnen im Eisenbahnwaggon
In Marl hat Marco Steppniak zwei ehemalige Eisenbahnwaggons der deutschen Bundespost aus den 1970er Jahren an ein Haus angebaut und integriert. Durch den Erhalt der beiden Wagen wird ein Stück Bahnpostgeschichte lebendig gehalten. Eine Führung durch die Waggons ist zwischen 10 und 17 Uhr möglich.
In Detmold gibt es die Möglichkeit, den ehemaligen Fürstlich-Lippischen Landtag zu erkunden. Das um 1910 fertiggestellte Bauwerk ist heute Sitz des Landgerichts. Der nebenan gelegene palastartige Werksteinbau der ehemaligen Fürstlich-Lippischen Regierung ist 1910 bis 1911 entstanden und heute Sitz des Amtsgerichtes. Bei Führungen um 10 und um 11.30 Uhr kann man mehr über die wechselvolle Geschichte der Gebäude erfahren.
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