David Loscher und Sina Ebell untersuchen, wie sich die Gebietsreform im heutigen Kreis Steinfurt auf persönliche Biografien ausgewirkt hat. Foto: Onno Bargfrede
09.08.2024

Eingemeindet

1975 hat die Gebietsreform die Grenzen von Städten, Gemeinden und Landkreisen in Nordrhein-Westfalen verschoben. Das Kunstprojekt „Schilderwechsel“ setzt sich mit der Jahrhundertreform im Münsterland auseinander.

Vor fast 50 Jahren, am 1. Januar 1975, trat die Gebietsreform in Kraft und hatte vielerorts spürbare Auswirkungen: Kleine Städte werden eingemeindet, Ortsschilder ausgetauscht und damit auch Lebensbereiche verändert. „Die Gebietsreform hat sich tief in die Identität des Münsterlandes eingebrannt“, sagt Laura Säumenicht vom Kulturbüro des Münsterland e.V. Künstlerinnen und Künstler spüren nun den Auswirkungen nach, die der „Schilderwechsel“ mit sich gebracht hat. „Die Künstlerinnen und Künstler knüpfen an Themen an, die seit 50 Jahren in den Archiven und Köpfen der Menschen schlummern“, sagt Säumenicht.

True-Crime-Podcast zur Gebietsreform

Die Projekte sind vielfältig: Die Theatermacherin Stefanie Bockermann aus Münster erforscht in Theaterworkshops mit Jugendlichen, was es mit den Begriffen Heimat und Grenze auf sich hat. Archivierte Kreiskarten sind die Arbeitsgrundlage von Nikola Dicke aus Osnabrück. Die Künstlerin befragt in „Mapping Stories – Karten, Gebiete und Geschichten“ Zeitzeugen aus fünf Orten im Kreis Coesfeld zur Gebietsreform, und erstellt eine Filmprojektion. „Die Einkreisung – Ein fiktionalisierter True-Crime-Podcast aus dem Münsterland“ von den Münsteraner Künstlern Sarah Giese, Christoph Tiemann und Johannes Kraas ist ein erfundener Kriminalfall, der rund um Bocholt spielt – kurz nachdem die Stadt im Januar 1975 die Kreisfreiheit verliert. Wie die Gebietsreform im heutigen Kreis Steinfurt auf persönliche Biografien gewirkt hat, untersuchen die Medienkünstler David Loscher aus Baudenbach und Regisseurin Sina Ebell aus Gelsenkirchen und erstellen einen Essayfilm. Ein Volksbegehren gegen die Gebietsreform im Jahr 1974 nimmt die Performancekünstlerin Chryssa Tsampazi aus Berlin zum Anlass für ihr Projekt „Aktion Bürgerwille neu“. Sie greift Aktionen und persönliche Momente von damals auf und inszeniert diese als Reenactment, eine nachstellende Performance.

Offizieller Startschuss für die „Schilderwechsel“-Projekte ist am 10. Oktober in Münster. Präsentiert werden diese dann im Frühjahr 2025. Weitere Informationen zum Projekt hier.

wsp

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