Der Bau von Windkraftanlagen auf Waldflächen ist umstritten. Foto: Pixabay
23.08.2023

Energiegewinnungsland

Der NRW-Landtag hat die Abschaffung der pauschalen 1000-Meter-Abstandsregel für Windkraftanlagen beschlossen. Westfälische Heimatvereine sind in Sorge um die Kulturlandschaft.

Bisher muss beim Bau von Windenergieanlagen ein Abstand von mindestens 1000 Metern zu Wohngebäuden eingehalten werden. Im Zuge der geplanten Änderung des Landesentwicklungsplans (LEP) hat der NRW-Landtag nun beschlossen, diese umstrittene Vorgabe im Baugesetzbuch zu streichen. Es geht darum, planerische Hürden für neue Anlagen abzubauen und dem Ausbau der Erneuerbaren Energien einen Schub zu geben. So sollen bis 2027 mindestens 1000 neue Windanlagen gebaut werden, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Der Westfälische Heimatbund, der rund 130.000 ehrenamtlich Engagierte in westfälischen Heimat-, Bürger- und Kulturvereinen vertritt, betont die Notwendigkeit, die Versorgung aus erneuerbaren Energiequellen auszubauen. „Um zukunftsfähig zu sein, müssen die Maßnahmen jedoch Akzeptanz vor Ort finden“, sagt Dr. Georg Lunemann, Vorsitzender des WHB und Direktor des LWL. 

In den Heimatvereinen gibt es die Sorge, dass eine zunehmende Zahl von Windkraftanlagen die Kulturlandschaft beeinträchtigt – gerade im ländlichen Raum. Denn nach den bisherigen Planungen der Landesregierung sollen insbesondere die geografischen Ränder des Landes die Energieversorgung sicherstellen. Eilers erklärt: „Mit der vorgesehenen LEP-Änderung tritt der Schutz der Kulturlandschaften deutlich zurück. Sie werden zum ‚Energiegewinnungsland‘. Ziel muss vielmehr eine differenzierte, werterhaltende Landschaftsentwicklung sein.“ Dass Orte ihre Lebensqualität durch Umzingelungseffekte von Windenergieanlagen oder großräumige Freiflächen-Photovoltaikanlagen verlieren, müsse vermieden werden.

Nachhaltiger Schutz des Waldes

Am Herzen liege den Akteuren aus Heimat-, Bürger- und Kulturvereinen der nachhaltige Schutz des Waldes, berichtet die WHB-Geschäftsführerin. Hier sehe man die Gefahr, dass mit der Änderung des LEP bald auch ökologisch wertvolle Mischwälder für den Ausbau der Windenergie genutzt werden. Ein Ausgleich der Interessen zwischen dem Erhalt des Waldes mit seiner wichtigen Funktion für Biodiversität und Klimaschutz einerseits und einer „maßvollen Nutzung geeigneter Forstflächen“ andererseits sei insbesondere für prägende Waldflächen in Südwestfalen, dem Teutoburger Wald, dem Wiehen- und Eggegebirge wichtig, so Eilers.

Kritik gibt es vom Westfälischen Heimatbund auch am Vorgehen der Landesregierung. So sei die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen zum 2. Änderungsentwurf des LEP vom 23. Juni bis 28. Juli „zu kurz“ und – mitten in den Sommerferien – zudem „ungünstig terminiert“. Lunemann mahnt daher an, im Koalitionsvertrag zugesagte Beteiligungsoptionen für Kommunen und Einwohner an Windkraftanlagen zu schaffen. „Partizipation und gemeinsame Diskussionen sind ein zentraler Schlüssel für das Gelingen der Energiewende“, ist sich der WHB-Vorsitzende sicher. Dies betreffe auch die Kommunen, die in den vergangenen Jahren mit hohem Aufwand die Aufstellung von Flächennutzungsplänen vorangetrieben hätten. „Es wäre unbefriedigend, wenn nun Planungen teils konterkariert oder hinfällig würden.“

aki, wsp

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