Restaurierter Cingulim (Gürtel) und Pugio (Dolch) aus dem Halterner Gräberfeld, Fundjahr 2019. Foto: LWL/Müsch
14.02.2020

Europaweit einzigartiger Fund

Einen bisher einmaligen Fund haben Archäologen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) jetzt vorgestellt: ein kunstvoll verzierter Römer-Dolch samt Waffengürtel.

Nico Calmund, damals Praktikant auf der Ausgrabungsstelle in Haltern, hat das seltene Stück im April 2019 gefunden. „Ich bin mit meiner Schaufel auf etwas Metallenes gestoßen. Und als ich sie aus der Erde gezogen habe, lag der Doch darauf“, sagt Calmund. Ihm sei sofort bewusst gewesen, dass es ein besonderer Fund war.

Bis die ganze Schönheit des Stücks zu Tage treten konnte, vergingen allerdings Monate. Nun hat der LWL in der eigenen Restaurierungswerkstatt in Münster die Waffe zum ersten Mal  präsentiert. LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger sagte, der umfassenden Restaurierung sei zu verdanken, dass Dolch und Gürtel ihr ursprüngliches Aussehen nahezu vollständig zurückgewonnen hätten. „Aber es geht den Restauratoren ja nicht in erster Linie nur darum, das Stück besonders schick für das Museum zu machen. Mit jeder Schicht, die sie untersuchen, treten auch neue Erkenntnisse über den Fund zu Tage. Das macht die Arbeit der Restauratoren so wichtig“, so Rüschoff-Parzinger.

Kaum wiederzuerkennen: Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung war der Dolch von einer dicken Korrosionsschicht umgeben. Foto: LWL/Bettina Tremmel

Kaum wiederzuerkennen: Zum Zeitpunkt seiner Entdeckung war der Dolch von einer dicken Korrosionsschicht umgeben. Foto: LWL/Bettina Tremmel

Wichtige historische Hinweise auf die Konstruktion und den Zustand des Fundes lieferten Röntgen- und computertomografische Untersuchungen. Sie zeigten zum Beispiel, dass der Griff der Waffe aus zahlreichen einzelnen Bauteilen und verschiedenen Materialien zusammengesetzt ist. Verbunden sind die Elemente mit acht Nietstiften. Auf den Bildern war zudem zu erkennen, dass die Klinge des Dolches aus unterschiedlichen Stählen besteht.

Waffe aus dem 1. Jahrhundert nach Christus

Der römische Militiärdolch, lateinisch „Pugio“ wurde nach Angaben des LWL von Fußsoldaten getragen und im Nahkampf eingesetzt. Die schmale Klingenform und die Konstruktion ließen darauf schließen, dass es sich beim Halterner Fund eindeutig um den frühesten römischen Militärdolch vom Typ „Vindonissa“ handelt. Diese Waffen waren vor allem in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus in Gebrauch.

Finder Nico Calmund und LWL-Restaurator Eugen Müsch sind stolz auf ihre Arbeit. Foto LWL/ C. Steimer

Finder Nico Calmund und LWL-Restaurator Eugen Müsch sind stolz auf ihre Arbeit.
Foto LWL/ C. Steimer

Für die Archäologen ist es ein wahrer Glücksfall. Zwar würden immer mal wieder römische Waffen gefunden. Aber Erhaltungszustand, Alter des Dolchs und die Kombination aus Waffe, Scheide und Gürtel sei extrem selten. Auch, dass der Fund aus einem Gräberfeld stamme, sei sehr ungewöhnlich, sagt Prof. Michael Rind, Direktor der LWL-Archäologie für Westfalen. Für Restaurator Eugen Müsch war die Arbeit an dem Stück der Höhepunkt seiner bisherigen Karriere. So einen Fund bekomme man nicht oft auf den Restauratorentisch, so Müsch.

Ab März 2022 in Haltern zu sehen

Dolch und Waffengürtel sollen ab März 2022 im Zuge der archäologischen Landesausstellung Nordrhein-Westfalen im LWL-Römermuseum in Haltern ausgestellt werden. Unter dem Oberthema „Roms fließende Grenzen“ beleuchten dann fünf Museen den niedergermanischen Limes und die umliegende Region. Zuvor wird der Dolch auf der Jahrestagung der LWL-Archäologie am 9.3.2020 in Münster präsentiert.

jüb/wsp

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