Der Knastladen in der Innenstadt von Castrop-Rauxel. Foto: JVA CAS
20.12.2021

Fit machen für ein straffreies Leben

Seit 13 Jahren vertreibt der „Knastladen“ Dekorationen für Haus und Garten, aber auch Schuhe, Schmuck und Grills über das Internet. Nun hat er sein erstes Ladenlokal eröffnet.

Ende November bezog der Knastladen ein Ladenlokal in der Innenstadt von Castrop-Rauxel. Dort werden Produkte angeboten, die Gefangene in ganz Nordrhein-Westfalen hergestellt haben. „Tütenkleben bei Wasser und Brot sind längst vorbei – mit unserem Projekt wollen wir die Gefangenen fit machen für ein straffreies Leben“, sagt Julius Wandelt, Leiter der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel, von wo aus das Projekt gesteuert wird.

Denn insgesamt beteiligen sich 28 der 36 Justizvollzugsanstalten im Land am Knastladen. Online sind inzwischen mehr als 1500 Artikel im Angebot. Verschiedene Gewerke fertigen die Produkte. Darunter sind Schlossereien, Schreinereien, Nähereien und sogar eine Schuhwerkstatt. „Die Inhaftierten sind zur Arbeit verpflichtet“, erklärt Wandelt. Mit einem sinnvollen Arbeitseinsatz sollen sie die Fähigkeiten erlangen und Strukturen erlernen, die ihnen den Weg in eine straffreie Zukunft aufzeigen.

Lob und Anerkennung sind neu

Besonders wichtig war für die Gefangenen aber auch der Kontakt zu Kunden, die ihre Produkte kaufen. Dies war in der Vergangenheit zum Beispiel beim in der JVA Castrop-Rauxel ausgerichteten Weihnachtsmarkt oder auf der Dortmunder Kreativmesse Creativa der Fall. Doch die Pandemie hat diese Begegnungen unmöglich gemacht. So musste der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal hintereinander abgesagt werden. „Da kommen sonst jedes Jahr bis zu 4000 Menschen zu uns“, sagt Wandelt.

Aktuell sind Weihnachtsdekorationen im Knastladen der Renner. Foto: JVA Castrop-Rauxel

Aktuell sind Weihnachtsdekorationen im Knastladen der Renner. Foto: JVA Castrop-Rauxel

Der Verkauf der Produkte im Online-Shop hat den Gefangenen schon gezeigt, dass ihre Produkte wertgeschätzt werden. Doch eine Begegnung mit den Kunden ist noch wichtiger. Im Laden kommen die Inhaftierten mit Käufern ihrer Produkte ins Gespräch. „Viele erleben dort zum ersten Mal, dass andere Menschen das gut finden, was sie gemacht haben. Und diese Menschen sagen ihnen das auch noch“, erklärt Wandelt. Diese Art von Lob und Anerkennung sind neu und motivieren die Gefangenen. 

Aktionen im kommenden Jahr geplant

Sechs Leute arbeiten vor Ort. Beraten die Kunden, füllen die Regale auf, kümmern sich um Nachbestellungen. Nur kassieren dürfen sie nicht, das machen Vollzugsbeamte. Die Einnahmen wandern übrigens in die Landeskasse.

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Der Laden hat pünktlich zur Vorweihnachtszeit eröffnet, bleibt aber auch darüber hinaus in der Innenstadt von Castrop-Rauxel. Möglich gemacht hat die Anmietung des Geschäftsraums ein Förderprogramm zur Belebung der Innenstädte des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW. 

Im kommenden Jahr soll es im Laden auch besondere Aktionen geben. Etwa einen speziellen Schuhverkauf, bei dem die Kunden auch die Schuhproduktion verfolgen können. Aktuell ist vor allem der selbstproduzierte Honig der Renner, aber auch Dekorationen für das Weihnachtsfest oder Holzspielzeug und Produkte aus Metall. 

Jürgen Bröker, wsp

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