Prof. Dr. Jörg Bogumil. Foto: RUB, Marquard
07.10.2019

„Für Bewegung sorgen“

Beim Emscher-Lippe-Gipfel in Gelsenkirchen ging es in dieser Woche um Zukunftsperspektiven für die Region. Zu den Themen „Wasserstoff“, „Stadtentwicklung“ und „Talentförderung“ entwickelten Akteure aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kommunen Pläne für die Region, darunter war auch Ministerpräsident Armin Laschet. „Die Emscher-Lippe-Region kann Strukturwandel“ war sein Fazit.

Der Bochumer Politikwissenschaftler Prof. Jörg Bogumil ist Experte für die Stadt- und Regionalentwicklung im Ruhrgebiet und hat sich in seiner Forschung mit dem Strukturwandel und der Vernetzung der Region beschäftigt. Im Interview mit westfalenspiegel.de spricht er über die Ursachen der Probleme in der Emscher-Lippe-Region und über das Potenzial eines Gipfels.

Herr Prof. Bogumil, in Rankings landet die Emscher-Lippe-Region immer wieder auf den hinteren Plätzen. Wie aussagekräftig sind solche Studien?
Ich halte die Aussagekraft für sehr begrenzt. Wir wissen bereits, dass es im Emscher-Lippe-Raum eine höhere strukturelle Erwerbslosigkeit gibt als in anderen Regionen Deutschlands. Interessanter wäre es, wenn die Studien berücksichtigen würden, wie sich die Region in den vergangenen Jahren entwickelt hat, zum Beispiel, was den Emscher-Umbau oder auch andere Projekte angeht.

Was ist das Grundproblem der Region?
Das nördliche Ruhrgebiet hat den Strukturwandel deutlich später erlebt als beispielsweise Bochum und Dortmund, wo die letzten Zechen schon vor einigen Jahrzehnten geschlossen wurden. Dort wurden alte Bergbauflächen bereits umgewandelt und es haben sich neue Industrien angesiedelt. Projekte wie beispielsweise der Dortmunder Technologiepark wurden aufgebaut. Hier muss die Emscher-Lippe-Region aufholen und daher auch finanziell stärker gefördert werden.

Während in Gelsenkirchen die Arbeitslosenquote bei über zehn Prozent liegt, werden im Münsterland teilweise händeringend Fachkräfte gesucht. Gibt es eine unsichtbare Grenze zwischen diesen Regionen?
Dieses Phänomen gibt es schon. Das hat ganz konkret mit fehlenden Verkehrsverbindungen zwischen Ruhrgebiet und Münsterland zu tun, in manchen Fällen aber auch mit zu wenig Flexibilität der Menschen. Hier für Bewegung zu sorgen, ist wichtig, übrigens nicht nur für das Ruhrgebiet, sondern auch für das Münsterland.

Hat die Emscher-Lippe-Region zu wenig Lobby?
Die Region ist mit ihren kleineren Städten stärker zersplittert als beispielsweise die Hellwegzone mit den großen Städten. Diese Situation macht es für den Emscher-Lippe-Raum sicherlich schwieriger, eine gemeinsame Interessenvertretung aufzubauen. Es ist daher wichtig, die Interessen zu bündeln, so wie es nun über die Regierungspräsidentin geschieht.

Wie kann der Emscher-Lippe-Gipfel helfen?
Der Gipfel ist ein guter Impuls mit wichtigen Akteuren. Auf der Tagesordnung stehen einige interessante Themen mit Zukunftspotenzial für die Region wie beispielsweise der Bereich Wasserstoff. Es ist positiv, dass sich die zuständige Regierungspräsidentin aus Münster für die Emscher-Lippe-Region engagiert – das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall.

Interview: Annette Kiehl /wsp

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