Überall in der Region wird am 9. November der Opfer der Pogrome von 1938 gedacht, bei denen die Nationalsozialisten jüdische Synagogen zerstörten und anzündeten. Foto: Bröker/wsp
07.11.2022

Gedenken an Novemberpogrome

Am 9. November wird der Opfer der Novemberpogrome von 1938 gedacht. In Soest blickt man dabei in diesem Jahr auf den 200. Jahrestag der Einweihung der Synagoge. 

In Soest erinnern Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde, der christlichen Gemeinden, der Stadt sowie Bürgerinnen und Bürger am 10. November am Ort der einstigen Synagoge an die Opfer der nationalsozialistiischen Schreckensherrschaft und damit einen Tag nach dem Jahrestag der Novemberpogrome von 1938. Grund ist die Allerheiligenkirmes, die in manchen Jahren bis zum 9. November läuft. Rund um die Gedenkveranstaltungen gibt es in Soest und Gelsenkirchen ein besonderes Jubiläum. In Soest wurde die Synagoge vor 200 Jahren eingeweiht. In Gelsenkirchen liegt dieses Datum 100 Jahre zurück.

Das jüdische Gotteshaus in Soest bot bei seiner Einweihung 1822 rund 200 Menschen Platz, teilt die Stadt mit. Doch Spuren jüdischen Lebens reichen zurück bis zur Frühzeit der Stadtkommune. „Seit Mitte des 13. Jahrhunderts sind Juden auch namentlich nachweisbar, und ihre Zahl wuchs“, schreibt der Soester Stadtarchivar und Leiter der Abteilung Kultur, Dr. Norbert Wex, in einem Aufsatz über die Geschichte des jüdischen Lebens in Soest. Als 1348/50 die große Pest in die Stadt kam, wurden die Juden dafür verantwortlich gemacht und verfolgt.

Blick ins Innere der Soester Synagoge. Foto: Stadtarchiv Soest

Blick ins Innere der Soester Synagoge. Foto: Stadtarchiv Soest

Bis ins 19. Jahrhundert hinein blieb die Zahl von Menschen jüdischen Glaubens in Soest gering. Erst dann setzte langsam die Emanzipation der Juden ein. Rechtliche Beschränkungen wurden schrittweise aufgehoben. Die Zahl der Gemeindemitglieder wuchs von 18 auf 292. Der private Betraum wurde zu klein für die wachsende Zahl der Gläubigen. Also errichtete man eine Synagoge und ein Schulgebäude.

Vorurteile gegenüber den Juden blieben

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schritt die Emanzipation fort. Allerdings war man von Gleichberechtigung weit entfernt. Auch die Vorurteile gegenüber den Juden blieben in großen Teilen der Bevölkerung bestehen. Nach Ende des Ersten Weltkrieges, in dem auch viele Soester Juden für Deutschland kämpften und starben, wetterte etwa der Direktor der Soester Blindenanstalt auf Versammlungen und in Leserbriefen gegen die „Juden als Fremdkörper im Staate“. Die Ortsgruppe des Deutschen Schutz- und Trutzbundes beklebte die Schaufenster jüdischer Geschäfte 1919 mit Hassparolen. Immerhin habe es aus der Mitte der Stadtgesellschaft auch offenen Widerspruch gegen solche Hetze gegeben, so Wex.

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Judenfeindliche Einstellungen waren verbreitet und die Nationalsozialisten trieben sie weiter voran. Antisemitismus bildete ihr zentrales ideologisches Bindemittel. Emotionen wurden geschürt und judenfeindliche Einstellungen zu Taten entwickelt. In der Nacht vom 10. zum 11. November 1938 während der Kirmes brannten die Synagoge und die jüdische Schule nieder. Bis 1942 wurde Soest durch Deportation und Ermordung zur „judenfreien Stadt“.

Nur wenige Deportierte überlebten den Holocaust, und noch weniger kamen nach Soest zurück. Eine jüdische Gemeinde gibt es in der Stadt in der Börde nicht mehr, die Zurückgekehrten schlossen sich der Kultusgemeinde Paderborn an. An die Synagoge und Schule erinnert seit 1979 eine Bronzetafel an.

100. Jubiläum der Synagogen-Einweihung in Gelsenkirchen

In Gelsenkirchen wird das 100. Jubiläum der Synagogen-Einweihung am 13. November gefeiert. Nur 16 Jahre hatte die alte Synagoge Bestand, ehe sie 1938 am 9. November von den Nationalsozialisten zerstört und in Brand gesetzt wurde. Seit dem 12. November 1992 erinnert ein Gedenkstein an die Synagoge in der Maelostraße.

jüb/wsp


Mehr zur Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen lesen Sie hier: Schalom in Gelsenkirchen


 

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