Das Thema Ehrenamt stand auch beim 66. Westfalentag in Höxter im Mittelpunkt, hier bei einer Exkursion. Foto: Sarah Jonek/WHB
07.06.2023

„Gelebte Nachhaltigkeit“

Beim 66. Westfalentag in Höxter wurden der Heimatverein Nieheim und der Verein für Herforder Geschichte mit dem „Rolle vorwärts“-Preis  des Westfälischen Heimatbundes (WHB) für frische Ideen im ehrenamtlichen Engagement bzw. für Nachwuchsarbeit ausgezeichnet.

Mit seinem Engagement für die Nieheimer Flechthecken verbindet der Arbeitskreis Nieheimer Flechthecken im Heimatverein Nieheim traditionelle Handwerkskunst und den Einsatz für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur mit einer vorbildlichen Bildungsarbeit, heißt es in der Begründung zur Vergabe des Innovationspreises. Dem Verein sei zu verdanken, dass die Anlage und Pflege der „lebenden Zäune“ nun im bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes eingetragen ist.

Der Verein für Herforder Geschichte wurde mit dem Projekt „Gertrud – Ein Theaterstück“ mit dem „Rolle vorwärts“-Preis für Nachwuchsarbeit ausgezeichnet. In der gemeinsamen Erarbeitung und Aufführung eines Theaterstücks werden junge Menschen an ein historisches Thema herangeführt. Im Mittelpunkt dabei steht die Äbtissin Gertrud II. zur Lippe als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des mittelalterlichen Westfalens. Gestiftet wurden die mit jeweils 4000 Euro dotierten Preise vom Sparkassenverband Westfalen-Lippe und von der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung.

Mehr Anerkennung gefordert

Bei der Eröffnung des 66. Westfalentags betonte Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB: „Das Ehrenamt ist in aller Munde. Öffentliche Wertschätzung ist zentral – dies bedeutet jedoch im Kern echte Mitbestimmung zu ermöglichen und Strukturen engagementfreundlich zu gestalten.“ Lunemann sprach sich für eine verbindliche Anerkennung bürgerschaftlichen Engagements aus. „Wir bringen uns als Dachverband der Heimat-, Bürger- und Kulturvereine in Westfalen in die aktuelle Diskussion ein, indem wir konkret eine Anerkennung durch Rentenpunkte, Senkung bürokratischer Auflagen, eine Vereinfachung von Zuwendungsverfahren und mehr Rechtssicherheit durch Entlastung bei Haftungsrisiken fordern.“

Beim Westfalentag in Höxter (v.l.): Werner Dürdoth, 1. stv. Landrat des Kreises Höxter; Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB; MdL Matthias Goeken; Landtagspräsident André Kuper; Thomas Tenkamp, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung; Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des WHB; Daniel Hartmann, Bürgermeister der Stadt Höxter; Arnd Paas, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Detmold-Paderborn-Höxter. Foto: Sarah Jonek/WHB

Beim Westfalentag in Höxter (v.l.): Werner Dürdoth, 1. stv. Landrat des Kreises Höxter; Dr. Georg Lunemann, Direktor des LWL und Vorsitzender des WHB; MdL Matthias Goeken; Landtagspräsident André Kuper; Thomas Tenkamp, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Westfälischen Provinzial Versicherung; Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des WHB; Daniel Hartmann, Bürgermeister der Stadt Höxter; Arnd Paas, Vorstandsvorsitzender Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter. Foto: Sarah Jonek/WHB

Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Da geht noch was! – nachhaltiges Engagement“. Dieser Schwerpunkt reiche über den Umweltschutz hinaus, betont Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes. „Bürgerschaftliches Engagement ist gelebte Nachhaltigkeit.“ Sie erklärt: „Viele Menschen machen sich im Ehrenamt für Natur- und Umweltthemen stark, aber auch der Einsatz für die Vermittlung von Tradition, Geschichte und Baukultur oder auch für die Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen und das soziale Miteinander sind Facetten von Nachhaltigkeit. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass das freiwillige Engagement selbst auch resilient und zukunftsfest aufgestellt ist.“

„Fünf Todsünden des Vereinsmanagements“

Der Westfalentag richtete den Blick auch auf die konkrete Vereinspraxis. Entscheidend für eine zukunftsfeste Aufstellung seien etwa Offenheit und der Mut zu Veränderungen, flexible Strukturen, das Teilen von Verantwortung und Aufgaben sowie eine passgenaue Ansprache junger Zielgruppen. Prozessbegleiterin Mária Ács vermittelte Tipps für die Organisationsentwicklung von Vereinen. Christian Einsiedel vom Netzwerk „Land.macht.Zukunft“ zeigte auf, was den Kreis Höxter zum Innovationsland in Sachen Dorfentwicklung und Digitalisierung macht. Der Engagement-Forscher Prof. Dr. Matthias Freise vom Institut für Politikwissenschaft an der Universität Münster machte hingegen deutlich, wie es nicht funktioniert – er stellte „fünf Todsünden des Vereinsmanagements“ dar, darunter paternalistische Strukturen, in denen Männer die Ämter inne haben, aber Frauen die Arbeit erledigen. Gewürdigt wurde der Heimat- und Verkehrsverein Höxter, der in diesem Jahr sein 140-jähriges Bestehen feiert.

aki, wsp

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