Mit solchen Lkw werden die Messungen vorgenommen. Foto: DMT
23.08.2021

Geothermie: Pilotregion Münsterland

Das Münsterland ist Pilotregion zur Erkundung geothermischer Potenziale in Nordrhein-Westfalen. Im November soll dort eine erste Messkampagne starten.

Geothermie, die Nutzung der Erwärme, zählt zu den erneuerbaren Energien. Sie ist rund um die Uhr, ganzjährig und unabhängig von Wind oder Sonneneinstrahlung verfügbar. „Um den Wärmeschatz unter unseren Füßen nutzen zu können, sind geeignete Gesteinsstrukturen notwendig, in denen heißes Tiefenwasser in der erforderlichen Menge vorhanden ist und gefördert werden kann“, heißt es in einer Mitteilung aus dem NRW-Wirtschaftsministerium.

Solche Gesteinsstrukturen sind zum Beispiel Kalksteinschichten, auch Karbonate genannt. „Aus Bohrungen in Billerbeck, die in den 1960er Jahren stattgefunden haben, wissen wir, dass diese Karbonate im Münsterland vorhanden sind“, erklärt Dr. Ulrich Pahlke, Direktor des Geologischen Dienstes NRW. Fast 6000 Meter hatten die Wissenschaftler im Rahmen von „Münsterland 1“ in Billerbeck-Aulendorf in die Tiefe gebohrt – damals noch mit dem Ziel fossile Energieträger zu finden.

180 Grad Celsius in 6000 Metern Tiefe

Geologische Untersuchungen im Rahmen des DEKORP-Programms (Deutsches Kontinentales Reflexionsseismisches Programm) führten in den 1980er und 1990er Jahren zu weiteren Einblicken in die Gesteinsformationen des Münsterlandes, heißt es. Dabei zeigten sich Kalksteinschichten in 5500 bis 6000 Meter Tiefe. In solchen Tiefen herrschten Temperaturen von bis zu 180 Grad Celsius, die für eine geothermische Nutzung sehr interessant seien.

Die Vibrotrucks schicken Schallwellen in den Boden, die von Mikrofonen wieder aufgenommen werden. Grafik: Enerchange

Die Vibrotrucks schicken Schallwellen in den Boden, die von Mikrofonen wieder aufgenommen werden. Grafik: Enerchange

Diese Kenntnis und die guten Bedingungen ließen das Münsterland zur idealen Pilotregion werden, erklärte NRW-Wirtschaftsmininster Andreas Pinkwart.  Die neuen Messungen sollen Aufschluss über Tiefenlage und Mächtigkeit der Kalksteinformationen im Münsterland ergeben.

Zwei Millionen Euro vom Land

Für die Potenzialstudie stellt das Land zwei Millionen Euro zur Verfügung. Damit geht NRW in Vorleistung. Die Ergebnisse aus der Studie machen es potenziellen Investoren leichter, einzuschätzen, ob sich zukünftige Bohrungen lohnen werden. Interessenten aus der Wirtschaft für die Nutzung der Wärme aus der tiefen Geothermie gebe es bereits, sagte Pinkwart.

Die Messungen, die ab November stattfinden werden, funktionieren ohne Bohrer. Stattdessen werden von speziell ausgestatteten Lkw Schallwellen in das Erdreich geschickt, Mikrofone an der Erdoberfläche nehmen die zurückkehrenden Schallwellen auf. Die Signale werden anschließend ausgewertet. Fünf dieser speziellen Lkw, so genannte Vibrotrucks, sollen auf zwei Messlinien zwischen Billerbeck und Sendenhorst sowie zwischen Dülmen und Münster Nord unterwegs sein. Dabei fahren sie durch die Gemeinden Billerbeck, Dülmen, Havixbeck, Nottuln, Rosendahl, Senden und Sendenhorst. Die Messlinien kreuzen sich in Münster.

jüb, wsp

Unter www.seismik-muensterland.nrw finden Interessierte Erklärungen zur Technik, zum genauen Ablauf der Messungen, zur Streckenplanung, zum geowissenschaftlichen Hintergrund und zu den Zielen des Projekts.

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