Gerichtsgebäude ohne Zukunft
Das Landesarbeitsgericht (LAG) in Hamm verfügt über ein außergewöhnliches Gebäude. Dem Denkmal droht jedoch ein Leerstand.
Seit 1978 sitzt das LAG in seinem Dienstgebäude im Hammer Osten. Es wurde als erstes Bauwerk speziell für die Nutzung eines Arbeitsgerichts entworfen und 2022 unter Denkmalschutz gestellt. Der Terrassenbau, der auf Stelzen aus Sichtbeton errichtet wurde, stehe für eine neue Programmatik in der Gerichtsbarkeit, „nämlich die Wandlung des Selbstverständnisses von einer staatlichen Behörde mit hoheitlichem Anspruch und repräsentativem Anstrich zu einer Institution mit Dienstleistungscharakter, deren Bezugspunkt die Belange der Bürgerinnen und Bürger sind“, heißt es in der Begründung des Denkmalwertes.
Heute ist der bauliche Zustand des LAG, wie bei vielen Bauten aus den 1960er und 1970er Jahren, jedoch schlecht. LAG-Sprecherin Dr. Helena Röhrich spricht unter anderem von Problemen bei der Haustechnik, Energieversorgung und Barrierefreiheit. Sie schlussfolgert: „Es bedürfte einer umfassenden Ertüchtigung unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes, um den Dienstbetrieb (…) auf Dauer zuverlässig zu gewährleisten“, heißt es. Für den Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes NRW als Eigentümer und auch für das LAG als Mieter könnte eine Sanierung folglich teuer werden. Damit ist der Fall aus Hamm typisch für öffentliche Gebäude der Nachkriegsmoderne, die unter Denkmalschutz stehen und sanierungsbedürftig sind. Alternative Nutzungen gelten aufgrund des speziellen Zuschnitts in vielen Fällen als eher ungeeignet.
Droht eine Ruine?
Der Umzug des Landesarbeitsgerichtes ist für 2028 geplant. Das Gericht soll zusammen mit dem Arbeitsgericht und dem Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes dann in ein angemietetes Dienstgebäude in der Innenstadt von Hamm ziehen. Dort soll unter anderem ein „passgenaues New-Work-Nutzungskonzept“ umgesetzt werden. Das Votum für den Umzug sei „eine Entscheidung für die Zukunft“, sagt Dr. Holger Schrade, Präsident des Landesarbeitsgerichtes. „Der Standort und die Funktionsfähigkeit der westfälischen Arbeitsgerichtsbarkeit sind so auf lange Sicht gesichert.“ Offen ist damit allerdings die Zukunft des bisherigen LAG-Gebäudes. Angesichts des schlechten baulichen Zustandes wird in Hamm befürchtet, dass es keine Nachnutzung geben wird. Der Hammer Landtagsabgeordnete Justus Moor (SPD) sieht die Landesregierung in der Verantwortung. „Erst lässt sie das Gebäude an der Marker Allee über Jahre verfallen, stellt es noch dazu unter Denkmalschutz und will jetzt ausziehen“, schreibt Moor in einem Instagram-Post. Mit Blick auf den bisherigen Standort befürchtet er: „An der Marker Allee droht uns dafür auf Jahrzehnte eine riesige Ruine in bester Lage.“
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Für eine zukunftsfähige Nutzung des LAG-Gebäudes bräuchte es eine Kernsanierung, heißt es vom BLB NRW. Dessen Pläne bleiben wenig konkret „Sobald der Auszug des aktuellen Nutzers absehbar ist bzw. näher rückt, werden weitere Planungen angestoßen. Sollte das Gebäude dann für Landeszwecke nicht weiter benötigt werden, wird die Liegenschaft veräußert“, schreibt eine BLB-Sprecherin. Der Abgeordnete Justus Moor will jetzt von der Landesregierung wissen, was in Zukunft mit dem Denkmal passieren soll. Dass es einen reibungslosen Mieterwechsel in dem Gerichtsgebäude geben wird, erscheint fraglich.
Annette Kiehl, wsp