Glashütte Gernheim: Unesco zeichnet Handwerk aus
Die Manuelle Glasfertigung ist offiziell in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit bei der Unesco aufgenommen worden. Das Traditionshandwerk wird in der Glashütte Gernheim in Petershagen praktiziert.
Dr. Katrin Holthaus, Leiterin des LWL-Museums Glashütte Gernheim, hat sich bereits seit mehreren Jahren für die Auszeichnung eingesetzt. „Glasmacher sind traditionell grenzüberschreitend unterwegs. Daher war es mir wichtig, die Bewerbung gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Finnland, Frankreich und Spanien auf den Weg zu bringen“, sagte sie, als die Entscheidung der Unesco über die Auszeichnung bekannt gegeben wurde. 2015 wurde die Manuelle Glasfertigung bereits in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. In dieser Woche entschied das Unesco-Komitee in Botswana, dass das Traditionshandwerk auch international zum Kulturerbe der Menschheit zählt. Die Unesco würdigte die umfassende Bedeutung des Handwerks. „Geduld, Kreativität und Teamwork zeichnen die Manuelle Glasfertigung aus“, sagte der Vizepräsident der Deutschen Unesco-Kommission, Christoph Wulf. „Die Gemeinschaft der Glasmacherinnen und Glasmacher bewahrt diese besondere Handwerkstradition mit einem beeindruckenden Engagement. Ich bin überzeugt, dass ihr Wissen und Können der Menschheit noch lange erhalten bleiben wird.“
Katrin Holthaus freut sich sehr über die Anerkennung. Sie beschreibt die manuelle Glasfertigung als lebendiges Handwerk, das seinen Einsatz heute in der Herstellung hochwertiger Gläser, in der Produktion von Prototypen für die Industrie und technische Spezialanwendungen findet. Auch Künstler wie Marc Chagall, Gerhard Richter und Neo Rauch haben Werke mithilfe dieser traditionellen Handwerkskunst geschaffen, indem sie mundgeblasenes Flachglas verwandten. In der Glashütte Gernheim in Petershagen bei Minden wird seit über 200 Jahren Glas hergestellt. Der imposante Kegelturm ist das Wahrzeichen des LWL-Museums, das dort 1979 gegründet wurde.
Drei Glasmacher und eine Glasmacherin arbeiten heute in der Glashütte Gernheim. Sie erledigen Aufträge, demonstrieren und erläutern aber auch Besucherinnen und Besuchern ihr Handwerk. Glas wird bei Temperaturen von weit über 1000 Grad Celsius geschmolzen und ist nur für kurze Zeit formbar. Zur Herstellung von Hohlglas blasen die Handwerkerinnen und Handwerker eine kleine Kugel heißes, zähflüssiges Glas mithilfe einer Pfeife auf und bringen sie durch Drehen, Schwenken und die Bearbeitung mit traditionellen Werkzeugen in die gewünschte Form. „Es dauert ungefähr zehn Jahre, bis Glasmacher ihr Handwerk beherrschen“, sagt die Museumsleiterin.
Besonders hervorgehoben hat die Unesco die Bedeutung der Museen für den Erhalt der Tradition sowie die denkmalgeschützten Gebäude, in denen das Handwerk praktiziert wird. Katrin Holthaus ist sehr glücklich über das große Interesse, das Besucherinnen und Besucher dem Handwerk immer wieder entgegenbringen. Noch bis zum 26. Januar 2025 zeigt das LWL-Museum Glashütte Gernheim die Sonderausstellung „Glas, Design Kunst“ mit Glaswaren der Designerin finnischen Nanny Still (1926 – 2009). Regelmäßig finden Führungen und Workshops statt. Weitere Informationen hier.
aki, wsp