Große Kirchen aus kleinen Steinen
Große Sakralbauten haben für Ausstellungen einen Nachteil: Sie lassen sich schlecht transportieren. Deshalb gibt es in der Ausstellung „Stein auf Stein – Großkirchen im Kleinformat“ im LWL-Museum in der Kaiserpfalz in Paderborn auch Nachbauten aus Kunststoffsteinen zu sehen.
Diese sind nicht weniger imposant: Bis zu 1,8 Millionen Steine haben die Modellbauer aufeinandergestapelt, um etwa den Würzburger Dom im Maßstab 1:32 nachzubauen. Weitere bedeutende europäische Kathedralen, wie Notre-Dame de Paris, Santa Maria della Salute in Venedig, das Ulmer Münster, die Frauenkirche in Dresden und der Kölner Dom sind in teilweise zweijähriger Bauzeit entstanden.
„Große Sakralbauten stehen an der Spitze mittelalterlicher Baukunst. Mit hohem personellen Aufwand, großem künstlerischen Können und immensen finanziellen Anstrengungen wurden die Bischofssitze mit Kathedralkirchen ausgestattet. Sie stehen im Fokus dieser Ausstellung“, sagt Prof. Dr. Michael Rind, Chefarchäologe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Was die Modelle von den Originalen unterscheide, sei vor allem das Material. Bis zu drei Meter hoch ragen die Kunststoff-Bauwerke vor den Besuchern auf.
Ungewöhnliche Exponate
Für ein archäologisches Museum seien die elf Lego-Modelle ungewöhnliche Exponate, so der LWL. Wie die Archäologen, Bauforscher und Denkmalpfleger müssten auch die Bauherren der Modellkirchen mit einer gründlichen Spurensuche ihre Projekte starten, erklärt Museumsleiter Dr. Martin Kroker. Dazu zählen Besuche vor Ort, das Studium zahlreicher Fotos und das Heranziehen historischer Bauzeichnungen. Nur so lassen sich maßstabgetreue Wiedergaben von Architektur und Inneneinrichtung realisieren. Kroker: „So gibt es an jedem Modell etwas zu entdecken: Sei es die Uhr am Paderborner Dom mit originalgetreuem Aufdruck oder Krypta, Grabmäler und Kreuzgang mit Skulpturen im Würzburger Dom, oder die Figuren der Königsgalerie und des Tympanon von Notre-Dame, die u.a. in Harry-Potter-Bausätzen des dänischen Unternehmens gefunden wurden.“
Realisiert wurden zahlreiche Modelle von Hundbrax, einer Gruppe von sieben Freunden, die Spaß daran haben, Lego-Modelle zu bauen und dazu Filme zu drehen. „2013 haben wir uns im Paderborner Domchor kennengelernt und schnell war klar: Wir interessieren uns nicht nur für Musik, wir haben noch weitere Leidenschaften, die sich ideal ergänzen. Der eine kennt sich aus mit der Kamera, der andere mit Schnitt, Videoproduktion, Modellbau und Lego. All das haben wir verbunden und angefangen, eigene Stop-Motion-Videos zu drehen“, erklärt Tim Olzewski, einer der Modellbauer von Hundbrax, im Interview mit dem LWL.
Umfangreiches Begleitprogramm
Die Ausstellung sei eine technische Herausforderung für die Modellbauer gewesen, so Olzewski: „Die Modelle müssen für den Transport stabil gemacht werden. Wie schwierig das ist, sieht man in unserem Making-Of-Video des Paderborner Doms auf YouTube. Es stecken viel Kopfzerbrechen und Ausprobieren dahinter. Da greifen wir auch schon mal zu ungewöhnlichen Mitteln.“
Mehr als 10.000 Menschen haben die Ausstellung „Stein auf Stein – Großkirchen im Kleinformat“ im LWL-Museum in der Kaiserpfalz schon gesehen. Jetzt wurde sie bis zum 1. November verlängert. Im umfangreichen Begleitprogramm verraten Hundbrax und andere Modellbauer unter anderem in Workshops und Vorträgen, welche Tipps und Tricks sie anwenden, um maßstabgetreue Modelle zu erstellen. Außerdem gibt es Gelegenheit, eigene Brick-Filme zu erstellen und die Grundlagen der Stop-Motion-Filmtechnik kennenzulernen. Weitere Infos gibt es hier.
wsp