Jule Hörmann arbeitet als Physician Assistant in einer Ochtruper Hausarztpraxis. Foto: KVWL / Sascha Marx
10.07.2023

„Hand in Hand“

Vor allem im ländlichen Raum, zunehmend aber auch in den Städten Westfalens fehlen Ärzte. In einem Modellprojekt wird nun erforscht, ob Physician Assistants die Mediziner im Praxisalltag entlasten könnten.

Beteiligt an dem Forschungsprojekt der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, der Hochschule für Gesundheit, Soziales und Pädagogik in Rheine und der Deutschen Gesellschaft für Physician Assistants sind zehn Duos aus Arzt bzw. Ärztin und Physician Assistant. Der medizinische Assistent – oder die Assistentin – unterstützt in der Praxis zum Beispiel bei Untersuchungen, berät Patienten oder führt kleine Eingriffe durch. Ziel dabei ist es, niedergelassene Mediziner zu entlasten und die ambulante Versorgung zu stärken.

„Mehr Aufgaben delegieren“

Die Physician Assistants verfügen über eine Ausbildung im medizinischen Bereich und absolvieren ein Bachelor-Studium. Wo der Unterschied zu den Tätigkeiten der medizinischen Fachangestellten liegt? „Wir übernehmen mehr Verantwortung in der medizinischen Versorgung der Patienten, kümmern uns beispielsweise federführend um sämtliche Wundversorgungen, entlasten so die Ärztinnen und Ärzte. Klar ist aber auch: Eine gute Versorgung kann nur im Team gelingen – wir arbeiten hier alle Hand in Hand“, sagt Jule Hörmann, die das dreijährige Studium zum Physician Assistant bald beendet und in einer Arztpraxis im münsterländischen Ochtrup tätig ist. Ihr Chef ist Hausarzt Dr. Sebastian Gesenhues. Er ist von dem Konzept überzeugt, das in Deutschland noch im Aufbau ist. „In Zeiten von Ärztemangel werden wir zukünftig immer mehr Aufgaben delegieren, ein Stück Verantwortung abgeben müssen. Der Arzt wird immer mehr zum Behandlungsleiter, qualifiziertes Personal wird ihm künftig noch stärker zuarbeiten. Da befinden wir uns mitten in einem Prozess“, sagt er.

In dem Modellprojekt werden Potenziale, aber auch Probleme und Herausforderungen des Berufsbildes untersucht. Dabei geht es um die praktische Organisation der Tätigkeiten in einer Praxis und um Fragen nach Verantwortung und Patientenzufriedenheit. 100 Tage nach dem Projektstart wurde nun eine erste Bilanz gezogen. Dr. Volker Schrage, stellvertretender Vorstandsvorsitzende der KVWL, ist zufrieden: „Wer nie losläuft, kann auch nie ankommen. Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir uns hier auf den gemeinsamen Weg gemacht haben“, sagt er. Schrage ist überzeugt: „Die PAs sind ein wichtiger Bestandteil der zukünftigen ambulanten Versorgung. Denn anders als in einem qualifizierten und breit aufgestellten Team ist die Arbeit nicht mehr zu schaffen – trotz der immensen Unterstützung durch das bisherige Praxispersonal. Wir brauchen die PAs, um die Ärzte weiter zu entlasten, wie es in anderen Ländern heute schon üblich ist – beispielsweise in den USA und den Niederlanden.“ 

wsp, aki

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