Der Komponist Robin Hoffmann. Foto: Bodo Black
28.10.2020

Henze-Preis für Robin Hoffmann

Den Klang der Zeit entreißen: Der Komponist Robin Hoffmann ist mit dem Hans-Werner-Henze-Preis des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe ausgezeichnet worden.

Er liebt es, Dinge an Orte zu verpflanzen, wo sie nicht hingehören. Tatsächlich sind es die Perspektivwechsel in der Musik von Komponist Robin Hoffmann, die Spannung erzeugen, wie in seiner Komposition „Maschinensingen“ mit collageartig zusammengestellten, teils sich überlagernden Klängen aus dem Alltag: „Ich habe hier Tonaufnahmen von Maschinen, einem Auto, Orgelmusik und dem Gesang einer Gemeinde im Gottesdienst gesammelt, archiviert und damit der Umgebung und der Zeit entrissen“, so Hoffmann. In neuer Zusammenstellung bilden sie nun ein eigenes Klangkunstwerk.

Geboren in Bielefeld, bezeichnet sich der 50-Jährige als „innerdeutsches Migrantenkind“, die Eltern waren berufsbedingt stets auf Achse: Wiesbaden und Oldenburg sind weitere Stationen seiner Kindheit und Jugend. In Niedersachsen bekam er seinen ersten Gitarrenunterricht bei Fritz Knipper, die Jahre dort prägten Hoffmann, der als Teenager in  Rockbands spielte: „Punk, Wave, Gothic waren meine Musik. Gleichzeitig befasste ich mich mit der Neuen Musik.“ 

Experimentelles Improvisieren auf der Gitarre

Nach dem Zivildienst in München landete er in Frankfurt zum Musikstudium, denn bevor man Komponist wird, so meint Hoffmann, sollte man ein Instrument vollkommen beherrschen: „Ich interessierte mich immer schon für experimentelles Improvisieren auf der Gitarre. Ich wollte nie nur ein virtuoser Interpret sein, sondern mich inhaltlich mit Musik befassen. Dies führte zum Komponieren.“ Folgerichtig studierte Hoffmann noch bei Nicolaus A. Huber, Professor für Komposition an der Folkwang-Hochschule Essen. 

Heute schreibt der in Frankfurt am Main lebende Komponist Musik für Solo-Instrumente, Ensembles, vokale Besetzungen und ungewöhnliche Instrumentierungen, vieles sind Auftragskompositionen bekannter Musiker. Seine Werke werden auf großen Festivals aufgeführt, von den traditionsreichen Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik bis zu den Wittener Tagen für neue Kammermusik. Die unlängst erschienene CD „Kunst Pfeifen“ enthält das an die 1920er Jahre erinnernde Ensemblestück „anstatt dass“, in dem an vielen Stellen Kurt Weill durchscheint. Ein raffinierter Geniestreich ist das Titelstück, das den Hörer auf eine wilde Parforcejagd von Sinustönen und orchestralen Elementen treibt, um schließlich mit Robin Hoffmann als Kunstpfeifer zu schließen: „Mich hat Ennio Morricones Westernmusik inspiriert, in der die Cowboys cool pfeifen, auch auf die Kunst.“ Kein Wunder, dass Hoffmann in seinem finalen Song den John-Wayne-Klassiker „Eldorado“ humorvoll persifliert.

Wagemutig-experimentelle Musik

Der neue Preisträger des renommierten Hans-Werner-Henze-Preises des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe unterrichtet inzwischen selbst als Dozent für Komposition und Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt. Robin Hoffmann schielt indes nicht auf den Kommerz oder die große mediale Aufmerksamkeit. Er bleibt sich treu, mit wagemutig-experimenteller Musik, die sich nicht in eine Form pressen lässt: „Es gibt Kunst, die bleibt besser bei sich, in kleinen Räumen. Der Kunstwert ist abgekoppelt vom kommerziellen Wert oder der Verbreitung, das ist ein hohes Gut.“ 

Matthias Schröder

Dieser Artikel ist aus dem WESTFALENSPIEGEL Heft 5/2020. Zur Inhaltsübersicht gelangen Sie hier.

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