Beim Chemiepark in Marl gleicht die Lippe einer Seenlandschaft. Foto: Rupert Oberhäuser/EGLV
05.01.2024

Hochwasser geht zurück

Die größte Gefahr ist gebannt. Vielerorts in Westfalen ist das Hochwasser auf dem Rückzug. Die vergangenen Tage haben aber gezeigt: Zahlreiche Deiche müssen nachgebessert werden.

Zwar sind an vielen Orten in Westfalen die Pegelstände rückläufig. Dennoch hält die Hochwasserlage noch an. Für die Lippe etwa rechnet Ilias Abawi, Sprecher von Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV) noch für mindestens eineinhalb Wochen mit erhöhten Pegelständen. Die aktuelle Situation zeige: Zukünftig müssten für den Hochwasserschutz weitere Maßnahmen in den Blick genommen werden. Lediglich Deiche höher zu bauen, reiche nicht, sagt Abawi. Das Wasser müsse an anderen Stellen bereits zurückgehalten werden, Notpolder-Flächen müssten ausgewiesen, Auenflächen und Rückhaltebereiche erweitert werden. Auch bei der Stadtplanung müsse es einen Sinneswandel geben. Das Wassermanagement müsse stärker berücksichtigt werden, das Prinzip der Schwammstadt zur Normalität werden.

100 Kilometer Deiche in Westfalen

Fast zwei Wochen war das Hochwasserschutzsystem „Aquariwa“ an an einem Lippedeich in einem Ortsteil von Lippstadt aufgebaut. Mit sinkenden Pegeln beginnt nun der Rückbau. Foto: Feuerwehr Lippstadt

Fast zwei Wochen war das Hochwasserschutzsystem „Aquariwa“ an an einem Lippedeich in einem Ortsteil von Lippstadt aufgebaut. Mit sinkenden Pegeln beginnt nun der Rückbau. Foto: Feuerwehr Lippstadt

Insgesamt gibt es in Nordrhein-Westfalen etwa 530 Kilometer Deiche und Schutzmauern an den größeren Flüssen des Landes. Davon liegen etwa 100 Kilometer in Westfalen, erklärt ein Sprecher das Landesumweltministeriums. Derzeit werde landesweit untersucht, welche von diesen Bauwerken saniert werden müssen. Je nach Gewässer sind einzelne Städte, kommunale Verbünde, Kreise oder Wasserverbände wie die Emschergenossenschaft/Lippeverband (EGLV) für die Überprüfung der Bauwerke verantwortlich. Sie sind verpflichtet, regelmäßige Kontrollen durchzuführen. Zudem gibt es jährliche sogenannte Deichschauen der Bezirksregierungen. Hierbei begutachtet die Obere Wasserbehörde der jeweiligen Bezirksregierung die Deiche und Hochwasserschutzanlagen an den Gewässern 1. und 2. Ordnung – größere Flüsse wie Emscher oder Lippe.

Nicht alle Deiche sind auf dem neuesten Stand. So seien die Deiche an der Weser in NRW sanierungsbedürftig, erklärt ein Sprecher der Bezirksregierung Detmold gegenüber dem WESTFALENSPIEGEL. Bisher haben die Wasserschutzbauwerke dem Druck des Hochwassers aber standgehalten, zum Teil auch, weil sie mit Sandsäcken gesichert wurden. Der Deich in Petershagen-Schlüsselburg hätte nach Auskunft des Sprechers bei einem Versagen voraussichtlich das höchste Schadenspotenzial. Im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg wurden am Donnerstag noch besondere Sicherungsmaßnahmen am Glennedeich in Lippstadt sowie an der Ahse in Hamm durchgeführt. Kritisch war die Situation dort aber nicht mehr, so eine Sprecherin der Behörde.

Sanierung der Bauwerke ist geplant

Für weite Teile entlang der Emscher und Lippe besteht trotz hoher Wasserstände aktuell ebenfalls kein Grund zur Sorge. „Insgesamt sind die Deiche in unserer Verantwortung in einem guten Zustand“, sagt Abawi. Trotzdem will man vor allem die Emscherdeiche weiter ausbauen und verbessern. Denn: Beim Hochwasser im Juni 2021, das unter anderem in Hagen für große Schäden gesorgt hat, habe die Region Glück gehabt. Wäre so viel Niederschlag wie an anderen Stellen in NRW auf die Erde geprasselt, hätte auch die Emscher für Überflutungen gesorgt. Daher will man die Deiche um 10 bis 20 Zentimeter erhöhen, so Abawi. Aktuell sind die Maßnahmen im Genehmigungsverfahren. Der EGLV rechnet mit einem Baubeginn frühestens in 2026.

jüb, wsp

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