Die Gedenkstätte "Stalag 326" ist zurzeit noch in einer Baracke des früheren Stammlagers untergebracht. Foto: Dokumentationsstätte Stalag 326/OliverNickel
28.09.2023

„Ich bin enttäuscht“

Der Gütersloher Kreistag hat dem Ausbau und Betrieb der Gedenkstätte Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock in dieser Woche eine Absage erteilt. Wir haben Bürgermeister Hubert Erichlandwehr gefragt, was das Projekt für die Stadt bedeutet und wie es nun weitergeht.

Herr Erichlandwehr, wie haben Sie das „Nein“ aus dem Kreis Gütersloh aufgenommen?
Ich bin enttäuscht, eine große Chance für die Region, den Kreis und unsere Stadt wurde verpasst. Ich habe Verständnis dafür, dass man sich im Kreis Gütersloh die Entscheidung nicht leicht macht, langfristig einen Teil der Betriebskosten zu finanzieren. Die Zahlungen würden mit Fertigstellung der Gedenkstätte in voraussichtlich sieben bis acht Jahren beginnen. Dem heute eine Absage zu erteilen, mit Begründung der aktuell angespannten Kommunalfinanzen, kann ich aufgrund der besonderen Bedeutung des Projektes nicht nachvollziehen.

Wie steht denn Schloß Holte-Stukenbrock zur Gedenkstätte?
Zunächst einmal sehe ich es als historische Chance an, dass Bund, Land und Landschaftsverband Westfalen-Lippe bereit sind, 60 Millionen Euro hier in der Region zu investieren, um die Gedenkstätte weiterzuentwickeln. Es ist schlüssig, dass erwartet wird, dass dieses Projekt auch einen Rückhalt in der Region, vor Ort hat. In Schloß Holte-Stukenbrock stehen wir hinter dem Ausbau und der Weiterentwicklung der Gedenkstätte. Der Rat der Stadt hat seine Zustimmung zur Machbarkeitsstudie bekräftigt und einstimmig für eine Beteiligung an den Betriebskosten in einer Höhe bis zu 140.000 Euro pro Jahr votiert. Das ist für uns eine erhebliche Summe.

Hubert Erichlandwehr, Bürgermeister von Schloß Holte-Stukenbrock.

Hubert Erichlandwehr, Bürgermeister von Schloß Holte-Stukenbrock. Foto: Beim Mazhiqi / Stadt Schloß Holte-Stukenbrock

Mit dem Negativvotum des Kreistags hat das Projekt Gedenkstätte einen Rückschlag erhalten. Wie kann es nun weitergehen?
Nach der Absage werden wir uns einmal schütteln und dann müssen wir an dem Projekt weiterarbeiten. Fakt ist, dass die historischen und teilweise denkmalgeschützten Gebäude des Stalag 326 auf dem Gelände der Polizeischule bestehen, aber für die Öffentlichkeit nur schwer zugänglich sind. Die Gedenkstätte für sowjetische Kriegsgefangene, die dort bereits in kleinem Umfang und nicht zeitgemäßem Zustand existiert, ist einmalig in Deutschland. Wenn man dies nicht dem Verfall überlassen will, muss dort in naher Zukunft etwas passieren. Und um die Fördergelder von Bund, Land und LWL nicht zu verlieren, müssen wir bald wieder an den Verhandlungstisch. Klar ist jedoch, dass es nicht einfach eine abgespeckte Version der Pläne geben kann. Der Bund will hier eine Gedenkstätte nationaler Bedeutung fördern, und diese muss dann eben auch einige Anforderungen erfüllen. Das muss auch den Kritikern klar sein.

Interview: Annette Kiehl, wsp

Mehr zur Absage des Kreistags Gütersloh zur Gedenkstätte Stalag 326 lesen Sie auch hier.

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