Das LWL-Landeshaus in Münster. Foto: Münsterview/Tronquet
11.05.2023

„Ich habe eine Leidenschaft für diese Aufgabe“

Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Landschaftsverband Rheinland feiern am Freitag, 12. Mai, ihr 70-jähriges Bestehen. Im Interview spricht Klaus Baumann, Vorsitzender der LWL-Landschaftsversammlung, über sein Engagement, zukünftige Herausforderungen und Wünsche zum runden Geburtstag.

Klaus Baumann, CDU, wurde im Januar 2021 zum Vorsitzenden der 15. Landschaftsversammlung gewählt. Baumann war von 1987 bis 1999 Stadtdirektor in Breckerfeld (Ennepe-Ruhr-Kreis). Von 1999 bis 2015 war er Bürgermeister in Breckerfeld. Für sein Engagement für die kommunale Selbstverwaltung sowie für das Ehrenamt wurde Baumann mehrfach ausgezeichnet. Foto: LWL

Klaus Baumann, CDU, wurde im Januar 2021 zum Vorsitzenden der 15. Landschaftsversammlung gewählt. Baumann war von 1987 bis 1999 Stadtdirektor in Breckerfeld (Ennepe-Ruhr-Kreis). Von 1999 bis 2015 war er Bürgermeister in Breckerfeld. Foto: LWL

Herr Baumann, seit mehr als 25 Jahren sind Sie Mitglied der LWL-Landschaftsversammlung, seit 2021 deren Vorsitzender. Warum engagieren Sie sich dort?
1995 wurde ich als damaliger Stadtdirektor und später als Bürgermeister der Gemeinde Breckerfeld in das Parlament entsandt. Als Mitglied der Landschaftsversammlung und langjähriger Vorsitzender des Finanz- und Wirtschaftsausschusses habe ich schnell eine Leidenschaft für diese ehrenamtliche Aufgabe entwickelt. Sie hat meinen Blick für Themen erweitert, mit denen ich als Bürgermeister vor Ort nicht unmittelbar konfrontiert worden bin. Schließlich reicht die Bandbreite des LWL von der Behindertenhilfe über Förderschulen und die Psychiatrie bis hin zur Kultur. Hinzu kommt, dass Vertreterinnen und Vertreter ganz unterschiedlicher Kommunen im Parlament sitzen, – von der ländlichen Gemeinden aus den Kreisen bis hin zu den kreisfreien Städten. Das ist ein sehr interessanter Austausch.

Die Landschaftsversammlung entscheidet über Milliardenbudgets des LWL. Trotzdem ist die Arbeit des „Westfalenparlaments“ nur wenig bekannt.
Tatsächlich fließen ungefähr 90 Prozent der Ausgaben des Verbandes in die Erfüllung sozialer Aufgaben, wie die Eingliederungshilfe. Unser wichtigstes Ziel ist es, dass alle Menschen in Westfalen-Lippe am gesellschaftlichen Leben selbstbestimmt teilnehmen können – auch wenn sie eine Behinderung haben. Diese Aufgabe des LWL wird vielen Menschen in den Kommunen aber oft erst bewusst, wenn sie persönlich betroffen sind. Als Bürgermeister musste ich daher vor Ort in manchen Gesprächen Bürgerinnen und Bürgern erklären, warum die Landschaftsumlage, also der prozentuale Anteil, den die Kreise und kreisfreien Städte zahlen müssen, so hoch ist. Hier habe ich erfahren, welche Verantwortung die Parlamentarierinnen und Parlamentarier vor Ort tragen, wenn über den Haushalt entschieden wird.

Der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst hat für den LWL Mehrkosten in Millionenhöhe zur Folge. Mit welchen Auswirkungen?
Zunächst sehe ich das große Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und freue mich, dass sie mehr Geld erhalten. Für den Verband sind die Tarifsteigerungen aber eine große Herausforderung. Zumal auch die Folgen des Angriffskriegs auf die Ukraine und die anstehenden Investitionen in Klimaneutralität und die Digitalisierung den Haushalt belasten. Hinzu kommt, dass die Ausgaben in der Behindertenhilfe angesichts des medizinischen Fortschritts steigen. Dies alles führt zu einer finanziell sehr angespannten Situation.

Ist diese Anspannung auch in der Landschaftsversammlung spürbar?
Ja, der Druck ist gestiegen. Das wird deutlich, wenn Diskussionen auch mal hitziger werden. Als Vorsitzender ist es mir daher wichtig, ausgleichend zu wirken. Ich akzeptiere jede Fraktion und respektiere auch die politische Auseinandersetzung, solange die demokratischen Spielregeln eingehalten werden.

Beim Festakt zum 70-jährigen Bestehen der Landschaftsverbände treffen Sie in Köln auch Ministerpräsident Hendrik Wüst. Welche Wünsche bringen Sie mit?
Die Landschaftsverbände benötigen bei der Bewältigung der sozialen Aufgaben eine finanzielle Unterstützung vom Land und auch vom Bund. Das haben wir in einer Resolution bereits deutlich gemacht. Vom Ministerpräsidenten wünsche ich mir daher ein klares Bekenntnis zu unserer Arbeit. Schon der frühere NRW-Ministerpräsident Johannes Rau hat einmal gesagt: Wenn es die Landschaftsverbände nicht gäbe, dann müsste man sie erfinden. Das gilt heute umso mehr.

Die Landschaftsversammlung im LWL-Plenarsaal. Foto: LWL/Arendt

Die Landschaftsversammlung im LWL-Plenarsaal. Foto: LWL/Arendt

Die beiden Landschaftsverbände feiern in Köln den runden Geburtstag gemeinsam. Wie ist das Verhältnis zwischen den angeblich redseligen Rheinländern und den zurückhaltenden Westfalen?
Zwischen den Landschaftsverbänden gibt es keine Konkurrenz, sondern vielmehr ein konstruktiv-freundschaftliches Miteinander. Die Schwesternverbände setzen sich für gemeinsame Anliegen und Ziele ein. In einigen Punkten können wir durch den Austausch sicher voneinander lernen, und ein bisschen rheinische Lockerheit könnte den Westfalen manchmal auch nicht schaden. Daher freue ich mich auf das Treffen beim gemeinsamen Festakt sehr.

Interview: Annette Kiehl, wsp

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