„Im freien Fall“
Fast 79.000 Katholiken sind im vergangenen Jahr in den Bistümern Essen, Münster und Paderborn aus der Kirche ausgetreten. Steigende Zahlen gibt es bei den Taufen.
Rund 3,75 Millionen Mitglieder zählten die Bistümer Essen, Münster und Paderborn zum Jahresende 2022. Ein Jahr zuvor waren es noch rund 3,87 Millionen – knapp 116.000 weniger als im Jahr 2021. Darunter sind fast 79.000 Austritte. Das Bistum Münster, das Erzbistum Paderborn und das Bistum Essen decken Westfalen ab, sind aber nicht deckungsgleich mit der Region, denn sie umfassen darüber hinaus aber weitere Teile Deutschlands, wie beispielsweise den Niederrhein und das Oldenburger Land. Die Zahlen sind Teil der kirchlichen Jahresstatistik.
Vertreter der drei Bistümer zeigten sich in Stellungnahmen zu den aktuell veröffentlichten Zahlen besorgt. „Die derzeitige Vertrauenskrise der Katholischen Kirche in Deutschland schreitet auch im Erzbistum Paderborn weiter voran – das belegen die erneut dramatisch gestiegenen Austrittszahlen rein quantitativ“, sagte Prälat Thomas Dornseifer, Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators des Erzbistums Paderborn. Es gebe nichts zu beschwichtigen, heißt es aus dem Bistum Essen, das erstmals weniger als 700.000 Mitglieder zählt. Angesichts dieser Zahlen „scheint sich die katholische Kirche in Deutschland weiterhin im freien Fall zu befinden“, so der Generalvikar des Bistums, Klaus Pfeffer. Der Münsteraner Bischof Felix Genn äußerte sich ebenfalls deutlich: „Wir werden den Trend bei den Kirchenaustritten kurzfristig nicht umkehren können. Vertrauen, das wir in den vergangenen Jahren verloren haben, lässt sich nur mittel- und langfristig zurückgewinnen. Zudem spielen Glaube und Kirche im alltäglichen Leben vieler Menschen keine Rolle mehr.“
Steigende Nachfrage an katholischen Schulen
Unter dem Motto „Kirche ist mehr“ betont das Bistum Münster steigende Aktivitäten im kirchlichen Leben. Die Zahl der Taufen sei 2022 um rund 1000 auf mehr als 14.000 gestiegen; einen ähnlichen Trend gibt es auch im Erzbistum Paderborn und im Bistum Essen. Außerdem seien insbesondere Angebote für junge Menschen „sehr gut nachgefragt“, heißt es aus Münster. Viele katholische Schulen verzeichneten deutlich mehr Anmeldungen als sie Schüler aufnehmen könnten. Auch die Zahl der Erstkommunionen und der Trauungen ist im vergangenen Jahr – nach dem Auslaufen zahlreicher pandemischer Einschränkungen – angestiegen.
Die Entwicklung in den westfälischen Bistümern gleicht dem Bundestrend. Im vergangenen Jahr traten deutschlandweit 522.821 Katholiken aus der Kirche aus – so viel wie nie zuvor. Diese Entwicklung beschränkt sich aber nicht auf die katholische Kirche. Auch die Zahl der evangelischen Kirchenmitglieder ist im vergangenen Jahr erneut gesunken, in Westfalen auf zuletzt um 2,7 Prozent auf 2,14 Millionen Menschen.
wsp