Ob in der Heimatpflege, im Sport oder in der Kultur: Es gibt ein großes ehrenamtliches Engagement in Westfalen, hier beim Heimatverein Jöllenbeck. Foto: Uwe Biermann/ Heimatverein Jöllenbeck e. V.
17.07.2020

„In der Krise zeigte sich eine starke Verbundenheit“

Mit dem Sonderprogramm „Heimat 2020“ unterstützt die Landesregierung Vereine und Verbände, die durch die Corona-Lage in finanzielle Krisen geraten sind. Sie können einen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro erhalten. Im Interview mit westfalenspiegel.de berichtet Dr. Silke Eilers, Geschäftsführerin des Westfälischen Heimatbundes, welche Auswirkungen Corona auf die Heimatvereine in der Region hat.

Frau Dr. Eilers, der Westfälische Heimatbund hat eine Umfrage unter Heimatvereinen zu den Auswirkungen der Corona-Krise gemacht. Wie waren die Rückmeldungen?
Wir haben uns über eine sehr gute Resonanz der Heimatakteurinnen und -akteure gefreut. Es kamen auf unseren Aufruf hin allein 60 ausführliche schriftliche Rückmeldungen. Diese zeigen, dass die Pandemie starke Auswirkungen auf das bürgerschaftliche Engagement hat. Die Vereinsarbeit, die vom gemeinschaftlichen persönlichen Austausch lebt, war, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt oder in Teilen über digitale Medien möglich. Viele Vereinsmitglieder gehören zu einer Risikogruppe und sind daher noch immer sehr zurückhaltend, was zum Beispiel mittlerweile wieder mögliche Aktivitäten oder auch die Öffnung von Museen angeht.

Dr. Silke Eilers. Foto: LWL

Dr. Silke Eilers. Foto: LWL

Wie sind die finanziellen Auswirkungen?
Die finanziellen Folgen sind ein großes Problem für die Vereine. Einnahmen durch Veranstaltungen, den Betrieb von Heimatmuseen und zum Teil auch Spenden sind weggebrochen, während Kosten für Mieten und Nebenkosten, Gebäudeunterhalt, vielleicht auch Personal oder Stornierungen weiterlaufen. Da die Vereine gemeinnützig arbeiten, unterliegen sie in Bezug auf Rücklagen besonderen Vorgaben. Einigen droht daher eine Unterfinanzierung bis hin zur Zahlungsunfähigkeit. Geplante oder begonnene Projekte stehen still. Es herrscht Unsicherheit in Bezug auf dafür erhaltene Fördermittel und diesbezügliche Fristen.

Das Heimatministerium hat für solche Fälle ein Soforthilfeprogramm aufgelegt.
Wir freuen uns über das Programm des Landes und begrüßen die Corona-Soforthilfe mit einem Gesamtumfang von 50 Millionen Euro. Wir als Dachverband der Heimatbewegung in Westfalen haben uns dafür starkgemacht und der Vorsitzende des Westfälischen Heimatbundes, Matthias Löb, hat sich mit dieser Forderung an die Landesregierung und die Fraktionsspitzen in Düsseldorf gewandt. Der Landtag hat der Soforthilfe schließlich zugestimmt, und das verstehen wir als große Wertschätzung für die vielen ehrenamtlich tätigen Menschen.

Können die Zuschüsse des Landes ihnen helfen?
Das ist sicherlich in der aktuellen Situation eine große Erleichterung. Es wird sich im Antragsverfahren zeigen, wer im Einzelnen die Hilfe für welche finanziellen Defizite in Anspruch nehmen kann. Bei der Beantragung gibt es natürlich einige Voraussetzungen und Vorgaben zu berücksichtigen. In verschiedenen Punkten werden die ehrenamtlich engagierten Akteure deshalb fachkundige Beratung benötigen. Die Hilfe bezieht sich auf einen festgelegten Betrachtungszeitraum von Anfang März bis Ende Oktober 2020. Welche mittel- und langfristigen Veränderungen das Ehrenamt durch Corona erfahren wird, ist noch nicht absehbar. Das bleibt für uns alle eine Herausforderung und in der Bewältigung eine Gemeinschaftsaufgabe.

Nachbarschaftshilfe und ehrenamtliches Engagement haben in der Corona-Lage an vielen Orten eine neue Wertschätzung erfahren. Gilt das auch für die Heimatvereine?
In vielen Orten wurde zusammengehalten, es gab eine große Solidarität. Zahlreiche Heimatvereine haben sich spontan im Rahmen der Corona-Hilfe für die Gemeinschaft vor Ort eingesetzt, zum Beispiel durch Einkaufshilfen oder das Nähen von Masken. Bemerkenswert finde ich, dass die Vereine in der Krise kaum Mitglieder verloren haben. Vielmehr zeigte sich hier eine starke Verbundenheit. Da hieß es ganz klar: Wir tun etwas für die Ortsgemeinschaft und stehen zusammen, auch wenn es im Verein eine Zeit lang etwas ruhiger wird. Das ist eine positive Botschaft und ich bin optimistisch, dass dies auch in Zukunft gilt.

Interview: Annette Kiehl, wsp

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