
„Innenstädte wiederbeleben“
Die Innenstädte der Zukunft werden anders aussehen als gewohnt. Der Handelsreport Ruhr zeigt, dass der Einzelhandel in den Innenstädten an Bedeutung verliert. Auch Shoppingcenter stehen vor Veränderungen.
Die Corona-Pandemie hat große Auswirkungen auf die Handelslandschaft, auch im Ruhrgebiet. Der Report zeigt, dass Lebensmittelläden oder auch Baumärkte ein Umsatzplus verbuchen konnten, typische Geschäfte der Einkaufsstraßen mit Sortimenten wie Mode und Schuhe aber starke Rückgänge verkraften mussten.
Der seit Jahren laufende Strukturwandel in den Innenstädten sei durch Corona beschleunigt worden, sagte Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. „Auf die Innenstädte im Ruhrgebiet kommen tiefgreifende Veränderungen zu, die wir nicht einfach laufen lassen können, sondern gemeinsam positiv gestalten müssen“, so Jaeckel.
Noch prägten Modehäuser und Shoppingcenter das Ruhrgebiet, der Rückzug habe aber als Folge des boomenden Online-Handels bereits begonnen. „Der Lockdown bedroht zunächst Handel und Dienstleistungen im Stadtzentrum. Wenn dadurch Insolvenzen drohen, könnte die Vitalität der Innenstädte insgesamt zum Erliegen kommen“, kommentierte Dr. Jan Heinisch, Staatssekretär im NRW-Heimatministerium die Erkenntnisse beim IHK-Handelsforum Ruhr.
„Shoppingcenter haben Wachstumsgrenze erreicht“
Gerade auch die Shoppingcenter, die zwischen 1990 und 2010 im Ruhrgebiet eröffneten und wuchsen, stehen vor Herausforderungen. Patrick Voss, Handelsexperte bei der IHK Dortmund beobachtet eine Abschwächung des Trends: „Wir haben bereits in den letzten Jahren gesehen, dass die Entwicklung neuer Shoppingcenter eine Wachstumsgrenze erreicht hat. Der Schwerpunkt liegt mittlerweile auf Modernisierungen und Umgestaltungen sowie in einigen Fällen auch auf Neupositionierungen, um auch andere Angebote neben dem klassischen Einzelhandel zu schaffen. Der Ruhr-Park in Bochum wurde beispielsweise bis 2015 neu konzipiert und modern umgestaltet.“
Die Corona-Pandemie stelle die Shoppingcenter vor zusätzliche Schwierigkeiten, so Voss: „Einzelhandelsgeschäften bestimmter Branchen geben die jeweils geltende Corona-Schutzverordnung der vergangenen Monate immer wieder unterschiedliche Regelungen vor. Das macht es für die Center schwierig, ihren Kunden das gewohnte einheitliche und verlässliche Angebot zu machen.“
Wohnen und Kultur für das Zentrum
Experten sind sich einig, dass die Innenstädte in Zukunft neben dem Einzelhandel auch Wohnen und Kultur stärker berücksichtigen müssen. David Schraven, Mitbegründer der Marktviertel-Initiative aus Bottrop appellierte bei dem Handelsforum Ruhr an die Landesregierung, Förderprogramme nicht nur auf die optische Stadtgestaltung auszurichten, sondern den Fokus auf lokale Projekte zu richten. Auch Ariane Breuer, Sprecherin der „Stadtretter, plädierte dafür, unterschiedliche Experten, Bürger und Anlieger in Veränderungsprozesse einzubeziehen: „Niemand schafft es allein, unsere Innenstädte und den Einzelhandel wiederzubeleben“, sagte die Gründerin der Initiative gegen die Verödung der Städte.
aki/wsp
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