„Landesgartenschauen sind eine Erfolgsgeschichte“
NRW-Landtagspräsident André Kuper spricht im Interview über das Erbe der Landesgartenschau in seiner Heimatstadt Rietberg und die Frage, ob Gartenschauen noch zeitgemäß sind.
Herr Kuper, wie gefällt Ihnen die Landesgartenschau in Höxter?
Sehr gut. Ich habe das Gartenschaugelände an der Weser bereits bei mehreren Besuchen kennengelernt und habe einen guten Eindruck. Insbesondere der Remtergarten am Schloss Corvey ist attraktiv gestaltet und zu Recht ein Besuchermagnet. Mit den Gärten rund um das Weltkulturerbe hat Höxter ein einzigartiges Angebot in der Geschichte der Landesgartenschauen.
Seit rund 40 Jahren finden in NRW Landesgartenschauen statt. Ist die sogenannte Leistungsschau der Gärtner heute noch zeitgemäß?
Landesgartenschauen sind eine Erfolgsgeschichte und nach wie vor zeitgemäß. Denn von der reinen Leistungsschau des Garten- und Landschaftsbaus haben sie sich weiterentwickelt. Das Thema Nachhaltigkeit hat dabei heute einen großen Stellenwert. Hunderttausende Menschen, die bei den Gartenschauen Erholung suchen, können sich dort über ökologischen Gartenbau, insektenfreundliche Gärten, aber auch über die wichtige Bedeutung von Parks für das Stadtklima informieren. Darüber hinaus sind Gartenschauen gerade für mittelgroße Städte ein idealer Weg, um in relativ kurzer Zeit Ideen für die zukünftige Stadtentwicklung umzusetzen. Das ist zum Beispiel an den Weserterrassen sichtbar, die in Höxter nun die Altstadt mit dem Welterbe Corvey verbinden. Davon wird die Stadt auch über den Gartenschausommer hinaus profitieren. Daher bin ich sehr froh, dass sich der Landtag 2017 einstimmig zu den Landesgartenschauen und ihrer nachhaltigen Bedeutung für die ausrichtenden Städte bekannt hat und die Landesregierung aufgefordert ist, diese fortzusetzen.
2008 fand die Landesgartenschau in Rietberg statt. Was ist davon heute noch sichtbar?
Vor der Landesgartenschau gab es in Rietberg keinen Stadtpark. Gerade Familien haben sich ein solches Gelände aber immer wieder gewünscht. Durch die Gartenschau konnte dieser Plan dann endlich verwirklicht werden. Heute, 15 Jahre später, ist der Park mit rund 400.000 Gästen im Jahr immer noch ein Anziehungspunkt für alle Generationen. Die Effekte der Gartenschau gehen aber weit darüber hinaus und sind immer noch sichtbar. Hunderte Bäume wurden gepflanzt, von denen viele heute in voller Kraft stehen. Im Umfeld des Parks wurden zahlreiche Radwege angelegt und ein Hotel eröffnet. Zudem hat die Landesgartenschau den historischen Stadtkerns in Rietberg komplett saniert und jahrzehntelangen Stillstand beseitigt. Besonders wichtig ist mir, dass fast 2300 Ehrenamtler aus allen 7 Stadtteilen bei diesem Projekt stadtteilübergreifend zusammengearbeitet haben. Viele von ihnen engagieren sich heute immer noch gemeinsam für den Park.
Also mehr Stadtentwicklung als Blumenschau?
Bei aller Bedeutung von Bauprojekten für die zukünftige Entwicklung der Städte: Besondere Gärten und schöne Blumen sind nach wie vor wichtig bei einer Landesgartenschau, das erwarten die Besucherinnen und Besucher einfach. Aber auch dort kann man Impulse für mehr Nachhaltigkeit setzen. So waren Staudengewächse vor einigen Jahren fast in Vergessenheit geraten und galten bereits als gefährdet. Die Gartenschauen haben die Schönheit dieser Pflanzen präsentiert und damit dazu beigetragen, das zu ändern. Heute haben Stauden wieder einen festen Platz in vielen Parks und Gärten, übrigens auch bei der Schau in Höxter, wie ich gesehen habe.
Sie engagieren sich seit vielen Jahren für Gärten und Parks. Gärtnern Sie eigentlich selbst?
Wir haben einen eigenen Garten, der zeitlich bedingt überwiegend von meiner Frau Monika gepflegt wird. Ich interessiere mich aber seit seit meiner Jugendzeit für Gärten, den Naturschutz und die Ökologie. Mein, inzwischen verstorbener, Schwiegervater war Gärtner und hat mir und uns seine Begeisterung für diese Themen vermittelt. Darüber hinaus freue ich mich aber auch sehr, dass das Thema Gärten eine Renaissance in der Gesellschaft erfahren hat; nicht erst seit der Pandemie. Das Interesse und die Wertschätzung für das Grün vor der eigenen Haustür, aber auch für Gärten und Parks als Freizeitorte sind in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen.
Interview Annette Kiehl, wsp
Mehr zur Landesgartenschau in Höxter lesen Sie im WESTFALENSPIEGEL 4/2023 und hier.