10.07.2012

Interviewserie „Wer entscheidet in Westfalen?“: Dr. Andreas Christians, Leiter der Landesvertretung NRW beim Bund in Berlin

Westfalen (wh). Politische Entscheidungen für Westfalen fallen nicht nur in der Region und in Düsseldorf, sondern auch auf Bundesebene in Berlin. Die Landesvertretung NRW agiert in Berlin unter anderem als Lobbyist für Interessen des Bundeslandes und betreut im Auftrag der Landesregierung das Geschehen im Bundesrat und Bundestag. Außerdem wirkt das Haus als Verbindungsstelle und als Botschaft für Nordrhein-Westfalen in der Hauptstadt. Im Interview mit "Westfalen heute" spricht der Leiter der Landesvertretung, Dr. Andreas Christians, über den westfälischen Einfluss auf der Berliner Bühne.

Welche Rolle spielt Westfalen im Berliner Politikbetrieb?
Dr. Andreas Christians: Im Bundesrat und im Bundestagsgeschehen spielen die Landesteile keine Rolle, wenn sie nicht strukturell von gewissen Themen betroffen sind. Wenn es um den Steinkohlebergbau geht, betrifft das nun einmal vor allem das Ruhrgebiet und nicht Ostwestfalen-Lippe. Und wenn es zum Beispiel um die Land- und Forstwirtschaft geht, sind eher westfälische Regionen betroffen als die urbanen Bereiche des Ruhrgebietes und der Rheinschiene.

Wie wird Westfalen in Berlin wahrgenommen?
Das Problem aller Akteure ist, dass die Aufmerksamkeit immer sehr metropolenorientiert ist. So ist Köln für seinen Medienbereich bekannt und Düsseldorf als Landeshauptstadt. Wo keine Metropolen sind, ist es schwieriger, auf sich aufmerksam zu machen – das gilt für das Rheinland gleichermaßen wie auch für Westfalen. Ostwestfalen-Lippe hat sich jedoch durch verstärkte Anstrengungen in den zurückliegenden Jahren für gewisse Wirtschaftsbereiche als Marke etabliert und ist damit sicherlich auch ein Vorbild für andere Regionen in Westfalen.

Das Sauerland ist die Region der "Hidden Champions", der geheimen Weltmarktführer. Ist das in Berlin bekannt?
Die Region zeichnet sich tatsächlich durch eine mittelständische Wirtschaftsstruktur mit vielen heimlichen Weltmarktführern aus. Die Unternehmerpersönlichkeiten, die für diesen wirtschaftlichen Erfolg stehen, kümmern sich jedoch kaum um die Berliner Bühne und sind dort nicht mit eigenen Büros präsent. Die Vertretung ihrer Interessen, zum Beispiel wenn es um Regulierungen geht, überlassen diese Mittelständler weitgehend ihren Verbänden " obwohl das politische Geschäft sehr stark von Persönlichkeiten lebt. Wir als Landesvertretung würden gern mehr auch mit der mittelständischen Wirtschaft aus Westfalen ins Gespräch kommen und uns als Bühne anbieten.

Sie selbst stammen aus dem Sauerland, haben jedoch lange in Düsseldorf gelebt und arbeiten nun in Berlin. Fühlen Sie sich noch als Westfale?
Da, wo ich herkomme, hat man schon ein Bewusstsein für die Heimat. Seit 1989 lebe ich nicht mehr im Sauerland, aber ich treffe auch in Berlin häufig auf Menschen aus Westfalen " seien es Abgeordnete oder Bedienstete aus den Ministerien des Bundes – und definiere mich auch als Westfale. Nach wie vor wird man mit mir vom Typus her wohl auch eher die tatsächlichen oder vermeintlichen Eigenschaften der Westfalen assoziieren.

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